Alphonsina verfinstert SAO40029


Mittlerweile sind mehr als 200000 Kleinplaneten bekannt, doch nur bei wenigen konnte bisher der Durchmesser exakt bestimmt werden. Dank der sehr genauen Positionsmessungen durch den Satelliten Hipparchos sind Sternbedeckungen durch Planetoiden heute sehr viel genauer prognostizierbar als noch vor wenigen Jahren. Für den Amateur hat sich ein neues Betätigungsfeld eröffnet, in dem er wissenschaftlich wertvolle Beiträge liefern kann. Leider verlaufen die oft nur wenige Dutzend Kilometer breiten Schattenspuren selten vor der Haustür. Das instabile mitteleuropäische Wetter erfordert zusätzliche Flexibilität. So war es auch am 22.12.2003, als der Kleinplanet (925) Alphonsina den 6,2 mag hellen Stern SAO40029 bedeckte. Das Ereignis sollte in Deutschland in enem etwa 50 km breiten Streifen zwischen Saarbrücken und Berlin zu sehen sein. Schon Tage zuvor wurden die Wetterberichte intensiv studiert.


Bild 7) Durchwachsenes Wetter 8 Stunden vor der Finsternis.

Leider sah es zunächst gar nicht gut aus, doch wenige Stunden vor der Bedeckung kam die Meldung, dass es im Bereich zwischen Hessen und Rheinland-Pfalz aufklaren sollte. Als wir losfuhren lag der Bewölkungsgrad noch bei 50%. Während der dreistündigen Fahrt wechselten Wolkenbänke und Wolkenlücken, so dass mal hoffnungsvoll mal sorgenvoll zum Himmel geblickt wurde. In der Nähe von Fulda bei der kleinen Ortschaft Hauswurz machten wir zuerst Station. Das Dorf lag nur 2,3 Kilometer nördlich von der durch Jan Manek berechneten Zentrallinie entfernt. Hier trennten sich die Wege. Während Eberhard Bredner ein Plätzchen 5 km Kilometer weiter nördlich aufsuchte, wurde ich von einem freundlichen Gastwirt aufgenommen und erhielt die Erlaubnis, in seinem Garten zu beobachten. Zur Aufzeichnung wurde eine Mintron-Kamera mit einem 50mm 1:2,8 Normalobjektiv verwendet. Das Gesichtsfeld dieser Kombination entspricht etwa einem 250mm Tele im Kleinbildformat. Neben dem Zielstern waren deshalb auch noch Capella und Epsilon Aurigae auf dem Bildschirm zu sehen, was die Orientierung am Himmel wesentlich vereinfachte. Zudem konnte auf eine Nachführung verzichtet werden.


Bild 10) Diese Aufnahme wurde aus 70 Einzelbildern mit Giotto ´kumuliert´. Bei der so entstandenen Strichspuraufnahme ist die Verfinsterung als schwache Helligkeitsdelle zu erkennen

Um verwertbare Messungen zu erzielen, ist eine genaue Orts- und Zeiterfassung notwendig. Die Position wurde per GPS mit 50º27´54.00´´ Nord und 9º28´35.3´´ Ost ermittelt. Für die Zeiterfassung wurde einfach zu Beginn und Ende der Aufnahmeserie ein Funkwecker gefilmt. Die Bildrate war auf 160 Millisekunden eingestellt. Durch Auszählen der Bilder ließ sich der genaue Zeitpunkt der Bedeckung ermitteln. Sie begann um 22:51:02,24 MEZ und endete um 22:51:06,64´´ MEZ. Auf 27 Aufnahmen war der Stern nicht zu sehen. Auf Bild 28 besitzt er etwa die Hälfte seiner Helligkeit, so das die Verfinsterungsdauer bei 4,4 sec gelegen haben muss. Der Fehlerbalken sollte max. 1/5 sec betragen.


Bild 8) Die Verfinsterung als Animated-Gif.
Eine schönere Version kann ´hier´ als AVI geladen werden

Bei wolkenfreien Himmel konnte die Bedeckung parallel im 10x50 Fernglas wunderbar verfolgt werden. Das Ereignis war wie ein Schock. Kaum hatte man richtig realisiert, dass der Stern verschwunden war, war er schon wieder zu sehen! In den Minuten vor und nach der Verfinsterung gab es keine zweite Bedeckung. Falls Alphonsina einen Mond hat, so war er von meiner Position aus nicht zu erkennen. Eberhard Bredner konnte die Finsternis ebenfalls beobachten. Obwohl er nur 7,3 Kilometer von der berechneten Zentrallinie entfernt stand, lag die Dauer an seiner Position lediglich bei 0,48 Sekunden! Er muss sich unmittelbar am Rand der Schattenzone befunden haben.


Bild 5a 5b 5c) Die Lage unserer beiden Standorte relativ zur von Jan Manek berechneten Zentrallinie. Obwohl unsere Positionen relativ dicht beieinander lagen, war doch eine Zeitverzögerung von 2 sec zu beobachten.




Bild 6) Eine mögliche Erklärung für die beobachtete Zeitverzögerung ist ein am Rand liegender Berg. Rüdiger Strauss, dessen Position zwischen uns gelegen hat, berichtete von einer Doppelverfinsterung. Vielleicht touchierte der Stern die Polregion und verschwand hinter dem ´Mount Eberhard´ ein zweites Mal.

Der Schatten von Alphonsina bewegte sich mit etwa 14 km pro Sekunde über uns hinweg. Bei 4,4 sec ergibt dies eine Sehne von 61,6 km. Unter der Annahme, dass Alphonsina kugelförmig ist, läßt sich aus unseren beiden Messungen ein Radius von ca. 80 Kilometern errechnen. Die spektro-fotometrische Bestimmung ergab jedoch einen mittleren Durchmesser von 57 km. Die beiden Messungen lassen sich daher nicht mit einer Kugelform vereinbaren. Bei einem elliptischen Körper ist jedoch auch am Rand eine lange Finsternis möglich. Die Daten lassen ein Achsverhältnis von etwa 2:1 wahrscheinlich erscheinen. Erstaunlicherweise zeigt Alphonsina trotzdem nur einen schwachen Rotationslichtwechsel von 0,17 mag. Dies könnte darauf hinweisen, dass es sich um ein dreiachsiges Ellipsoid handelt, bei dem 2 Achsen ähnlich lang sind und nur die Rotationsachse verkürzt ist. Erste Berechnungen von Alfons Gabel ergaben die Werte 46 km x 68 km x 80 km. Der mittlere Durchmesser läge demnach bei 63 km. Dank zahlreicher Beobachter konnte diese Sternbedeckung sehr gut dokumentiert werden. Insgesamt wurden mehr als 20 erfolgreiche Sichtungen registriert. Die Silhouette zeigt, dass wir den Körper während der Finsternis von der Breitseite gesehen haben. Die Datenreduktion von Eric Frappa ergab eine Schattenellipse mit Achsen von 47,0 und 79,2 km.


Bild 5c) Jeder der blauen Punkte auf dieser Grafik markiert die Position einer erfolgreichen Finsternissichtung.
Die orangen Punkte zeigen die Beobachter die diesmal Pech gehabt haben. Die Finsternisspur hatte sich um einige Kilometer nach Süden verschoben, lag jedoch noch im gestrichelt eingezeichneten Fehlerbalken.




Bild 1) Dank zahlreicher Beobachter konnte diese Sternbedeckung sehr gut dokumentiert werden. Die Silhouette zeigt, dass wir den Körper während der Finsternis annähernd von der Breitseite gesehen haben.


Bild 2) Alphonsina auf Kurs!
Alphonsina 2 Tage vor der Finsternis. Die Bilder entstanden mit 2 Stunden Zeitabstand. Verwendet wurde eine Mintronkamera mit Rotfilter, IR-Sperrfilter und 200 mm f/3,5 Teleobjektiv. Es wurden je 500 Bilder a 1,28 sec gemittelt. Der Zielstern ist oben rechts und der Planetoid unten links markiert.


Bild 3) Am 15.12.2003 bedeckte Alphonsina in Japan einen Stern 10. Größe. Die sechs gemeldeten Sichtungen ließen schon eine elliptische Form vermuten. Zwischen der japanischen und der europäischen Bedeckung rotierte der Planetoid zufällig exakt 22-mal um seine Achse, so dass in beiden Fällen der Anblick identisch gewesen ist. (Grafik: Tsutomu Hayamizu)


Bild 4) Alphonsina ist ein typischer Hauptgürtelasteroid mit einer Umlaufzeit von 4,47 Jahren. Die Bahn ist fast rund. Der Sonnenabstand ändert sich nur um +-8%. Dafür ist die Bahn relativ stark gegen die Ekliptik geneigt. Die 21 Grad Inklination führten dazu, das die Bedeckung im Sternbild Fuhrmann stattfinden konnte. Der Pfeil zeigt in die Richtung des Frühlingspunktes. (Grafik: Alfons Gabel)





Bild 11) Beobachtungsplatz im Garten der Gaststätte Schützenhof in Hauswurz bei Fulda




Bild 12) Die glücklichen Beobachter. In der Mitte Thomas Heil der Besitzer der Gastwirtschaft.

Planetoiden-Sterbedeckungen 2004



Gute Einführung zu Planetoiden-Sternbedeckungen
Infos zu Rotationslichtwechseln von Kleinplaneten
In Europa sichtbaren Bedeckungen
Resultate der bislang beobachteten Bedeckungen

Realtimeanimation der Planetoidenbedeckung (329 kb)


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