Haumea - Farblichtwechsel 2018



grossbritannien.gif

Der Zwergplanet Haumea besitzt einen auffälligen Rotationslichtwechsel der sich teilweise über die Form und teilweise über die Albedo erklären lässt. Weniger bekannt ist, dass es auch einen Farbwechsel gibt. Eine Seite ist vermutlich durch einen frischen Krater blau gefärbt, während der Rest die für einen Transneptunier typische rote Färbung besitzt. 

Im Frühjahr 2016 wurde versucht diesen Farbunterschied mit einer DSLR nachzuweisen. 

Die Kurven von Rot und Blau zeigen tatsächlich einen Unterschied. 

Das Ergebnis ist allerdings nicht ganz eindeutig. Die Kurve sieht insgesamt anders aus als bei der Messung 2011. Das SNR der DSLR ist für so einen schwachen Körper unter münchener Himmel nicht ganz ausrreichend. Vielleicht klappt es besser mit einer gekühlten Farb-CCD.

Ein weiterer Test wurde mit einer ATIK 414-Color unternommen. Doch auch da waren die Ergebnisse nicht eindeutig. Das Problem ist, dass bei einer Kamera mit Bayermatrix die grünen Pixel nicht genutzt werden können. Die Hälfte des Signals fällt so weg. Noch gravierender ist jedoch, dass bei einer Farbkamera kein Binning möglich ist, was das SNR entscheidend verschlechtert.

In einem 3. Schritt wurde überlegt, mit einem Binokularansatz das Signal zu spalten und mit 2 SW-Kameras zu arbeiten, bei denen jeweils ein rotes und ein blaues Filter vorgesetzt wird. Jede Kamera produziert jedoch ihre eigenen Fehler so das der Vergleich der Signal schwierig ist.

In einen 4. Schritt wurde überlegt, hinter das erste Bino mit den 2 Filtern, ein zweites Bino zu setzen, das die beiden gefilterten Signale wieder auf einen Chip vereint. Die Konstruktion wurde sehr lang. Der Lichtweg beträgt mehr als 20cm. Am 80cm f/10 Spiegel sind  das allerdings weniger als 3% des Lichtwegs, so das die Vignettierung noch akzeptabel ist. Gegen das sichtbare Durchhängen der Konstruktion wurde mit Haargummis und Paketband angekämpft.

Bei 8m Brennweite ist das Feld sehr klein. Allerdings kann man Rot gegen Blau direkt messen und braucht keine Vergleichssterne mehr. Die Vorteile sind:

-Es kann eine SW Kamera verwendet werden und Binning ist möglich

-Rotationslichtwechsel kürzen sich durch den direkten Vergleich raus. Es wird kein Vergleichsstern benötigt.

-Keine 2 Kameras. Dadurch kürzen sich Kamerafehler raus und die Messgenauigkeit ist höher

Bei der Messung am 12.5.2018 kam eine ansprechende Kurve heraus. Die Differenz zwischen den Farbsignalen schwankte um 0,2 mag.

Die Farbdifferenz kann sich jedoch auch durch irdische Faktoren ändern. Zu Beginn der Messung stand Haumea noch im Zenit. Am Ende der Messung lag der Horizontabstand unter 40 Grad. Der sinkende Horizontabstand führt zu einer Rötung, ähnlich wie bei der untergehenden Sonne. Daher war es wichtig, auch einen Vergleichsstern zu messen.
Der Vergleichsstern hat einen Trend, der dem Haumeasignal entgegengesetzt ist. Dies spricht dafür, das die Messung real ist.

 

Was kommt nun heraus, wenn man die Kurve des Farblichtwechsels auf den Rotationslichtwechsel kopiert?

Die größte Differenz zwischen Rot und Blau gibt es auf der lichtschwächeren Breitseite. Dies ist plausibel, wenn man bedenkt, dass der Zwergplanet insgesamt eher rötlich ist. Der postulierte helle, junge blaue Krater sorgt für einen Ausgleich zwischen den Farben auf der helleren Breitseite.




Mittlerweile haben 4 transneptunische Objekte den offiziellen Status eines Zwergplaneten. Eris, Pluto, Makemake und Haumea. Haumea ist dabei sicherlich das interessanteste Objekt. Durch seine hohe Rotationsgeschwindigkeit von nur etwa 4 Stunden ist er stark abgeplattet. Am Äquator ist er mit 2200km Durchmesser fast so groß wie Pluto und am Pol ist er mit etwa 1100km immer noch größer als der Zwergplanet Ceres.
In sich ist der Körper in einem hydrostatischen Gleichgewicht. Er ist keine Zigarre sondern ein Ellipsoid. Der Äquatordurchmesser soll nur um max. +-200km schwanken. Seine Bahn ist um 28 Grad geneigt. Momentan befindet sich der Himmelskörper weit weg von der Ekliptik in der Nähe von Arcturus im Bootes.

Im Februar 2011 wurde Haumea etwas genauer untersucht. Mit 17,2mag ist das Objekt nicht wirklich schwach. Prinzpiell hätte es schon vor der Entdeckung im Jahre 2003 leicht gefunden werden können, doch niemand hatte systematisch danach gesucht.

Mit einem 6 Zoll Newton und einer DSI-3 war Haumea am 1.2.2011 und 2.2.2011 leicht zu fotografieren. Der Zwergplanet springt in der folgenden Animation mittig im unteren Bilddrittel.
haum31u2.gif

Zur Identifizierung nochmal eine Ausschnittsvergrößerung. Der Zwergplanet ist links oben zu sehen.
haum31u2kl.gif

In den folgenden Tagen wurde der Zwergplanet am 80cm Spiegel der VSW München weiter verfolgt.
2haum6u8.gif

Am 8.2.2011 wurden mehrere Stunden investiert um eine komplette Rotation von Haumea auszumessen.
2haum8bew.gif

Haumea hat einen Lichtwechsel von etwa 0,3 Magnituden also etwa 30%. Da der Rotationsellipsoid in sich weitgehend homogen ist, ist zumindest ein Teil der Amplitude auf Oberflächenformationen zurückzuführen. Rotationslichtwechsel durch Albedounterschiede sind bei großen Körpern nicht ungewöhnlich. Am bekanntesten ist sicher der Saturnmond Japetus, doch auch der Jupitermond Ganymed und unserer eigener Mond haben einen Rotationslichtwechsel. Bei unserem eigenen Mond können wird dies nur nicht erkennen, weil er der Erde stets die gleiche Seite zuwendet.
2haum81.gif

Die unterschiedliche Helligkeit der Minima und Maxima spricht für Albedostrukturen und gegen die Zigarrenform als alleinige Ursache des Lichtwechsels.
2haum83.gif

Ein weiteres Argument ist, dass sich Minima und Maxima nicht exakt gegenüberliegen. Der Zeitabstand zwischen Hauptmaxima und Nebenmaxima ist im gleitenden Mittel etwas kleiner als der Zeitabstand zwischen Nebenmaxima und Hauptmaxima.
2haum82.gif

Um die Rotationsgeschwindigkeit von Haumea zu bestimmen wurde mit 2 Tagen Abstand eine weitere Messung durchgeführt. Die Maxima wurden zu den Zeitpunkten JD...55598,5705 und JD 55600,6947 bestimmt. Wenn man zwischen den Messpunkten 13 Umdrehungen annimmt, ergibt sich eine Rotationsdauer von 3:55:18 Stunden. Der selbst ermittelte Wert stimmt auf die Minute genau mit der offiziellen Rotationszeit überein.
2hau6mes2b.gif

Die Messung vom 6.2.11 ist nur 1,5 Stunden breit. Wenn man die gleitenden Mittel der Kurven maßstabsgerecht nebeneinander legt, kann man die Genauigkeit überprüfen. Die Kurven sind fast deckungsgleich. Sogar die kleine Abflachung vor dem Hauptmaximum ist real und reproduzierbar. Es ist schon faszinierend, dass man hier Strukturen auf einem so weit entfernten Himmelskörper tatsächlich sehen kann.
2hau6u8rota.gif



Interessanterweise wurde auch Mike Brown, der Entdecker des Zwergplaneten, auf die Kurve aufmerksam und kommentierte sie in Twitter
haumeabrown1.gif

In der Literatur finden sich Angaben nach dem der Äquatordurchmesser von Haumea um +-10% schwanken soll. Damit wären 0,2mag Rotationslichtwechsel zu erklären. Allerdings wird dieser Maximalwert nur erreicht, wenn sich Achsneigung und Bahnneigung kompensieren, so dass wir auf die Kante des Haumeasysttemes blicken. Dies ist in der 285 Jahre währenden Umlaufzeit nur 2 mal der Fall und erschien mir zunächst unwahrscheinlich. Einen Hinweis darauf, wie die Achse liegt, erhält man durch die beiden Monde. Nur auf der verlängerten Äquatorebene sind die Mondbahnen stabil. Tatsächlich sehen wir lt. Wikipedia das Mondsystem momentan von der Seite.
namaka1.gif

Von dem Helligkeitswechsel kann man also 0,2mag über die Form erklären. Die enspricht dem kleineren, ersten Helligkeits-Ausschlag. Die restlichen 0,1 mag sind auf Albedoeffekte zurückzuführen.



Hauptseite