Astrofotografie mit der Mintron-Videokamera



von Björn Hamann

Eine CCD-Kamera ist der Traum vieler Amateurastronomen. Leider sind solche Chipkameras noch so teuer, dass sie für viele Amateure zumindest vorerst unerreichbar bleiben. Die Überwachungskamera Mintron MTV-12V1 der Firma Lechner-CCTV könnte hier ein Ausweg sein.


Die Kamera

Die Mintron MTV-12V1 wurde als lichtempfindliche Überwachungskamera für schlecht beleuchtete Bereiche entwickelt. Sie erreicht ihre hohe Empfindlichkeit durch die Verwendung eines ½" Interline-Transfer-Chip von Sony mit 795×596 Pixeln, die Quanteneffizenz ist mit über 70% sehr hoch. Der Chip erreicht gegenüber vielen anderen CCD-Chips sein Empfindlichkeitsmaximum im grünen und nicht im roten Spektralbereich, auch hat er eine hohe Blauempfindlichkeit, die nicht viele CCDs aufweisen. Die Kamera gibt, wie alle in Europa verwendeten Videokameras, ein Videosignal nach Pal-Norm aus, sie lässt sich daher sehr leicht mittels Chinch- oder Hosidenkabel an den AV-Eingang eines herkömmlichen Fernsehgeräts anschließen. Durch die Nutzung der Pal-Norm ist die maximale Belichtungszeit auf 1/50 Sekunde begrenzt, sie kann jedoch manuell bis auf 1/120000 Sekunde verkürzt werden. Da die Verstärkungskontrolle ebenfalls manuell erfolgt, ist die Mintron eine sehr gute Kamera zur Aufnahme hellerer Objekte wie Mond und Planeten. Aber alle diese Eigenschaften besitzen auch einige andere Kameras. Was die Mintron besonders macht, ist die Fähigkeit, die Belichtungszeit mit einem Trick zu verlängern. Hierzu werden bis zu 128 Bilder intern gemittelt und so Belichtungszeiten bis zu 2,56 Sekunden ermöglicht. Dieses Standbild wird auf den Monitor ausgegeben und bleibt solange bestehen, bis die Kamera das nächste gemittelte Bild überträgt. Trotz dieser immer noch recht kurzen Belichtungszeit zeigt die Kamera am 8"SCT 1m,5-2m schwächere Sterne, als visuell erreichbar sind. So ist z. B. der Zentralstern in M 57 bei Benutzung eines 8"-SCT auch wegen ihrer hohen Blauempfindlichkeit kein Problem, entsprechendes Seeing vorausgesetzt. Bei der Betrachtung des Monitorbildes fällt sofort die ungleichmäßige Hintergrundhelligkeit auf, die linke obere Ecke erscheint deutlich heller als der Rest des Bildes (Abb. 1a). Diese Aufhellung wird durch einen Ausgangsverstärker verursacht und ist um so stärker, je mehr Bilder gemittelt werden. Weiterhin sind einige heiße Pixel im Bild zu sehen, ihre Anzahl und Verteilung sind von der Kamera abhängig. Ganz allgemein kann gesagt werden: Je mehr Bilder gemittelt werden und um so höher die Außentemperatur ist, je größer ist die Anzahl dieser weißen Pixel. Diese Bildfehler sind bei der einfachen Monitorbetrachtung aber nicht zu störend und lassen sich durch Bildbearbeitung leicht entfernen.


Bildaufzeichnung

Nur wenige werden die Kamera ausschließlich zur Beobachtung nutzen, die meisten werden das Signal aufzeichnen wollen, um es später erneut zu betrachten oder weiter zu bearbeiten. Im einfachsten Fall erfolgt die Bildaufzeichnung auf VHS- oder S-VHS-Videorekordern. Diese Aufzeichnungsart macht jedoch nur Sinn, wenn schnelle zeitliche Veränderungen dokumentiert werden sollen und es nicht auf hohe Aufzeichnungsqualität ankommt, denn weder das VHS- noch das S-VHS-System sind in der Lage, die 600 TV-Linien, die die Kamera ausgibt, aufzuzeichnen. Qualitativ wesentlich besser ist das digitale Aufzeichnen des Fernsehsignals durch einen PC. Hierzu kann im einfachsten Fall der Videoeingang der Grafikkarte [1] oder eine einfache TV-Karte genutzt werden. Diese Lösung ist aber meist qualitativ unterdurchschnittlich. Eine besserer Weg sind spezielle Framegrabberkarten, wie sie für den Videoschnitt verwendet werden. Speziell für Laptops interessant ist auch der Anschluss von externen Wandlerboxen, die das analoge Videosignal in eines der digitalen Videoformate umwandeln. Der Anschluss sollte jedoch nicht über das veraltete USB 1.1 geschehen, da die Bandbreite dieser Schnittstelle zu gering ist. Dies macht sich in unnötig hohen Verlusten durch Bildkompression und möglicherweise sogar im Auslassen von Bildern bemerkbar. USB 2.0 bzw. Firewire (IEEE 1394) Schnittstellen haben diese Probleme nicht, dafür sind sie jedoch meist teurer. Die Steuersoftware der Framegrabber ist oft nicht sonderlich komfortabel und bietet manchmal nicht einmal einfachste Aufnahmeoptionen, wie die Wahl einer anderen Bildrate als die üblichen 25 Bilder pro Sekunde. Einen Ausweg bietet Software, die aus dem Internet kostenlos heruntergeladen werden kann. VirtualDub und Sclive sind nur zwei der bekannteren. Sie bieten einen sehr großen Funktionsumfang und müssen sich, wenn es um die Bildaufzeichnung geht, nicht hinter teuren Profiprogrammen wie Premiere verstecken. Ein wichtiger Punkt beim Digitalisieren von Videodaten ist die benötigte Festplattenkapazität. Ein einstündiges Video, das mit einer Bildrate von 0,3906 Bildern pro Sekunde, also einer Belichtungszeit von 2,56 Sekunden, und einer MJPG-Kompression von 1:3 aufgezeichnet wird, benötigt 255 MB auf der Festplatte. Dazu kommt noch der Platzbedarf für eine entsprechend lange Dunkelstromaufnahme. Einige Programme, mit denen die Daten später verarbeitet werden, können zudem nicht mit den aufgenommenen Videoclips (AVI-Dateien) umgehen, daher müssen diese dann erst in Bitmap-Dateien zerlegt werden. Eine einstündige Aufnahme belegt dann stolze 1730 MB. Alles in allem sollte die Festplatte mindestens 20 GB groß sein, da man während einer Nacht nicht nur eine Aufnahme macht.


Die Bildbearbeitung

Die Bearbeitung eines Einzelbildes aus einer so erzeugten Videodatei ist nicht sonderlich sinnvoll, da solche Einzelbilder viel zu verrauscht sind. Es gibt jedoch die Möglichkeit, eine große Anzahl von Bildern eines Objektes zu "addieren". Hierdurch wird das Rauschen herausgemittelt; das Ergebnis ist dabei um so rauschärmer, je mehr Bilder addiert werden. Bevor jedoch die Einzelbilder addiert werden, sollte von jedem ein gemitteltes Dunkelstrom-Bild subtrahiert werden, das genau so lang belichtet ist wie die "Objekt"-Aufnahme. Dazu nimmt man direkt vor oder nach der Aufnahme ein weiteres Video mit den gleichen Einstellungen auf, wie sie für die eigentliche Bilddatei gelten, nur dass nun die Fernrohröffnung abgedeckt bleibt. Diese Bilder werden ebenfalls addiert und das Ergebnis (Abb. 1b) wird von jedem einzelnen Bild der eigentlichen Aufnahme abgezogen. Das alles hört sich kompliziert an, aber die Programme, mit denen diese Arbeitsschritte durchgeführt werden, führen diese Aufgaben meist voll- oder halbautomatisch durch. Bekanntestes Beispiel für ein solches Additionsprogramm ist die Freeware Giotto von Georg Dittié. In dem so erhaltenen Bild (Abb. 1c) ist nun das Rauschen stark vermindert. Um die Details besser sichtbar zu machen, wird nun der Kontrast angehoben. Dabei wird sehr schnell sichtbar, dass die zuerst zu helle linke obere Ecke nun zu dunkel erscheint (Abb. 1d). Mir ist es leider nie gelungen, dieses Problem zufriedenstellend zu lösen. Ich habe daher immer nur die rechte Bildhälfte zur Bilderzeugung genutzt und die linke Bildhälfte abgeschnitten. Bei sehr starker Kontrastanhebung machen sich auch in der verbliebenen Bildhälfte Helligkeitsunterschiede bemerkbar - daher wurden die Bilder immer so bearbeitet, dass das abgebildete Objekt bestmöglich sichtbar wurde. Das Bild wurde anschließend mit Photoshop auf einen gleichmäßigen Bildhintergrund getrimmt. Um zu zeigen, wie groß der Gewinn an Bildinformation ist, den man durch Addition erhält, wurden 1, 10, 100 und 1000 Bilder mit einer Belichtungszeit von je 2,56 Sekunden aufaddiert und anschließend auf identische Art und Weise im Kontrast angepasst und geschärft (Abb. 2). Man erkennt hierbei, dass anfangs ein höherer Gewinn an Details zu erkennen ist als zum Schluss. Der Informationsgewinn bei einer Steigerung auf 10000 addierte Bilder wäre nur noch verschwindend gering. Der Aufwand, der bei der Verarbeitung dieser mehr als siebenstündigen Aufnahme entstehen würde, steht in keiner Relation zum Endergebnis.


Die Optik vor dem Chip

Die Mintron-Kamera lässt sich durch ihren CS-Mount-Anschluss leicht an viele Optiken direkt bzw. mit einem entsprechenden Zwischenring anschließen. So lassen sich genauso leicht Aufnahmen mit großem Gesichtsfeld wie sie z.B. für helle Milchstraßenwolken nötig sind, sowie Detailaufnahmen von Deep-Sky-Objekten durchs Teleskop gewinnen. Der wichtigste Punkt für gelungene Aufnahmen ist - neben einer exakten Scharfstellung - die Verwendung einer möglichst großen Lichtstärke des Aufnahmeinstruments. Die fotografische Blende des Gerätes sollte nicht geringer als Blende 8 sein, da sonst Aufnahmen von Objekten geringer Flächenhelligkeit bei der Bildbearbeitung große Probleme bereiten. Lichtstarke Newtonsysteme sind hier ideal. Eine bei ihnen vorhandene Koma stört nicht, da sie sich erst außerhalb des relativ kleinen Bildfeldes bemerkbar macht. Hat man ein Schmidt-Cassegrain-Teleskop mit Blende 10 zur Verfügung, kann man sich leicht mit einem Telekompressor behelfen, der die Blende auf 6,3 oder 3,3 verkleinert. Wegen der wesentlich höheren Lichtstärke ist hierbei die Blende von 3,3 eindeutig vorzuziehen, auch wenn sie ein Bild mit kleinerem Bildmaßstab auf dem Chip erzeugt. Für Besitzer von Refraktoren ergibt sich durch die recht hohe Infrarotempfindlichkeit der Mintron ein Problem, da Linsenoptiken in diesem Spektralbereich oft nur unzureichend korrigiert sind. Dies führt zu Höfen um helle Sterne und allgemein zu herabgesetzter Schärfe und Kontrast. Die Lösung ist das Herausfiltern des unerwünschten Spektralbereichs mittels eines IR-Sperrfilters. Der hierdurch entstehende leichte Lichtverlust kann verschmerzt werden.


Nachführung und Montierung.

Die Anforderungen an die Montierung sind bei Aufnahmen mit der Mintron geringer als bei der herkömmlichen Fotografie, da nicht ein einzelnes lang belichtetes Bild, sondern eine große Anzahl von kurz belichteten Bildern aufgenommen wird. Treten bei der Aufnahme eines lang belichteten Bildes Nachführfehler auf, die nicht sofort korrigiert werden, entstehen Strichspuren und das Bild ist verdorben. Tritt ein Fehler gleicher Größe bei der Aufnahmen mit der Mintron auf, hat er keinen Einfluss, denn er wird auf viele Bilder der Aufnahme verteilt. Der Fehler eines einzelnen Bildes ist also vernachlässigbar klein. Die Drift des Objektes über das Bild kann anschließend leicht durch das Additionsprogramm ausgeglichen werden. Eine Nachführkorrektur muss also bei den Mintron-Bildern meist nicht durchgeführt werden. Wichtig ist nur, dass das Objekt seine Position auf dem Chip nicht zu sehr ändert. Auch gelegentliche Windböen während der Aufnahme spielen keine große Rolle, sie erzeugen nur wenige unscharfe Einzelbilder. Diese können durch die Software als unscharf erkannt und bei der Addition ausgelassen werden. Auf die gleiche Weise lässt sich in gewissen Grenzen schlechtes Seeing "herausrechnen". Der Preis dafür ist allerdings ein erhöhter Rechenaufwand, der jedoch bei modernen Gigaherz-Prozessoren kaum ins Gewicht fällt, bei älteren Rechner jedoch deutlich auffallen kann.


Weitere Nutzungsmöglichkeiten

Neben der Aufnahme von Deep-Sky und Planeten, lässt sich die Mintron-Kamera auch zur Meteorüberwachung einsetzen. Voraussetzung hierfür ist ein kurzbrennweitiges und lichtstarkes C- bzw. CS-Mount Objektiv. Letztes Jahr wurde diese Technik von Bernd Gährken mit überraschendem Erfolg zur Aufzeichnung der Leoniden eingesetzt. Mit dem gleichen Aufbau sollten sich auch Zeitraffer-Aufnahmen von Nordlichtern erstellen lassen. Interessant wäre in diesem Zusammenhang auch die Verwendung der Farbversion der Mintron-Kamera. Ob deren Empfindlichkeit für astronomische Aufnahmen ausreicht, ist jedoch nicht bekannt. Die Kamera lässt sich auch wunderbar nutzen, um interessierten Laien Himmelsobjekte zu zeigen. Ein Fernsehbild ist für jeden leicht zu erkennen und man kann genau zeigen, auf welches Objekt oder Detail man achten muss. Gleichzeitig ist der Bildschirm auch eine einfache Möglichkeit, einer größeren Gruppe von Personen ein zeitlich begrenztes Ereignis zu zeigen, z.B. eine Sternbedeckung. Die Kamera kann aber nicht nur genutzt werden, um mit ihr Astrobilder zu machen, sie kann - eine entsprechende Software (z.B. AstroArt) und Steuerung vorausgesetzt - auch als Autoguider eingesetzt werden. Dabei wird das digitalisierte Bild dazu genutzt, Abweichungen der Nachführung zu erkennen. Bisher nutzen einige Amateure zu diesem Zweck einfache Webcams, diese sind zwar recht kostengünstig, aber auch recht unempfindlich, daher ist es nicht immer leicht, einen entsprechenden Leitstern zu finden. Die Mintron-Kamera ist hier eine hochempfindliche Alternative, wenngleich auch nicht so günstig wie eine Webcam. Soll die Mintron als Autoguider eingesetzt werden, muss darauf geachtet werden, dass der Framegrabber die Videodateien in einem "Video for Windows" kompatiblem Format ablegt. Das neuere "Direct Show" scheint bisher von den Autoguidingprogrammen noch nicht unterstützt zu werden - was sich in naher Zukunft ändern dürfte.


Fazit

Auch wenn die Mintron-Kamera an einigen Stellen ihre Herkunft als Videokamera nicht ganz verstecken kann, so ist sie doch mehr als eine einfache Videokamera. Mit ihrer Fähigkeit zur Langzeitintegration schließt sie ein wenig die Lücke zwischen den reinen Videokameras und den Langzeitintegrationskameras. Auch wenn letztere immer noch deutlich leistungsfähiger sind, ist die Mintron-Kamera zumindest ein relativ günstiger Einstieg in die Welt der digitalen Astrofotografie, zumal sie recht einfach zu bedienen ist und einen großen Einsatzbereich hat. Man darf jedoch auch nicht den hohen Rechenaufwand vergessen der betrieben werden muss, um ein brauchbares Bild zu erhalten.


Surftipps
www.lechner-cctv.de/
Hersteller
www.virtualdub.org
Steuerprogramm Virtual Dub
www.scenalyser.com/d/main.html
Steuerprogramm Sclive
www.giotto-software.de/
Videoastronomie-Software Giotto
www.msb-astroart.com/
Bildbearbeitunsprogramm AstroArt


Literatur [1] Bertuch, M. ,Weiner, L.: Viva ViVo!?, c´t 2/2002


Konzept zum Mintron-Vortrag bei der Deep-Sky-Tagung 2003
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Freewareprogramm DKILL zum zurücksetzen von Sharewarelaufzeitbegrenzungen
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