Merkur im Visier der Amateure


Merkurdetails gelten als eine der großen Herausforderungen für den Planetenbeobachter. Der Planet hat nur einen Sonnenabstand von weniger als 28 Grad und ist i.d.R nur zwischen 5 und 10 Bogensekunden groß. Aus Raumsondenaufnahmen wissen wir, dass seine Oberfläche dem stark verkraterten Süden unseres Mondes ähnelt. Es gibt dort nur wenige markante Strukturen, die Kontraste sind daher sehr gering.
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Das durchaus mit Amateurmitteln Merkurstrukturen erreichbar sind zeigen diese Vergleichausnahmen.


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Im Tagesabstand rotieren die Strukturen mit.

Mit freien Auge ist der Merkur stets nur mit geringen Horizontabstand zu sehen. Der Weg des Lichtes durch die Atmosphäre ist am Horizont sehr lang und das Seeing entsprechend schlecht. In den Sommermonaten lohnt es sich den Planeten am Taghimmel aufzusuchen. Wie die Sonne steht er dann zur Mittagszeit hoch am Himmel und kann dabei einen Horizontabstand von mehr als 70 Grad erreichen. Leider ist auch die Taghimmelbeobachtung nicht ohne Manko. Die Sonneneinstrahlung führt zu starker Konvektion. Wirklich ruhige Luft ist selten. Zum Glück rotiert Merkur nur sehr langsam um seine Achse. Man kann riesige Videodateien aufnehmen ohne das sich eine Drift bemerkbar macht. Bei mehr als 100000 Bildern und Sortierraten unter einem Prozent sind die Chancen nicht schlecht ein paar ruhige Momente zu finden. Programme wie Giotto können die optimalen Bilder automatisch ermitteln und addieren. Die Praxis zeigt jedoch, dass eine Handsortierung oft bessere Resultate liefert. Meist bringt es mehr, Zehntausend Bilder von Hand zu sortieren, als Hunderttausend per Software. Die Arbeit ist sehr stupide, doch wenn pro Bild nur eine Sekunde für die Entscheidung benötigt wird, sind Zehntausend Bilder in weniger als 3 Stunden durchsortiert. Ein Trick zur Seeingverbesserung ist die Fotografie im infraroten Spektralbereich. Bei hohen Wellenlängen sind die Konvektionsblasen größer als der Optikdurchmesser. Moderne Mikrolinsenchips sind jenseits von 800nm noch ausreichend empfindlich um ein akzeptables Signal-zu-Rauschverhältnis zu liefern. Der relativ große Aufwand führt dazu, das sich nur wenige Amateure intensiv mit der Merkurfotografie beschäftigen. Bilder mit Oberflächendetais werden nur selten veröffentlicht. Im deutschsprachigen Raum gab es in den letzten Jahren einige Bilder von Josef Laufer, Mario Weigand und Bernd Gährken. In den Niederlanden war Willem Kivits ein sehr aktiver Beobachter. Wenn man unterschiedliche Bilder mit ähnlichen Zentralmeridian nebeneinander legt, lassen sich einige Ähnlichkeiten finden. Dennoch ist es schwer daraus eine normierte Karte zu erstellen. Durch seine Phase hat das Merkurscheibchen einen starken Gradienten, der kaum auszugleichen ist. Die Schärfung führt an den Außenrändern zu Überschwingern die diesen Gradienten noch weiter verstärken. Zudem ist jedes Bild unterschiedlich bearbeitet, was ganz unterschiedliche Graustufenverteilungen und Kontraste zur Folge hat. - Wenn der Weg versperrt ist, lohnt es sich oft einen Schritt zurück zu gehen um einen besseren Überblick zu gewinnen. Dieser Einsicht folgend wurden die Bilder mit ähnlichen Zenralmeridian nebeneinander gelegt und die markanten Strukturen zeichnerisch erfaßt. Wenn es zu einem Zentralmeridian mehrere Bilder gab, wurden nur die Strukturen als ausreichend signifikant bewertet, die auf mindestens 2 Bildern vorhanden sind. Auf diese Weise war es auch möglich die Gefahr einer Verdrehung zu vermindern. Während Osten und Westen über die Phase klar bestimmt werden können, ist es bei Nord und Süd nicht so einfach. Kaum ein Beobachter hat die Nordrichtung markiert. Selbst wenn sie markiert ist, kann es zu Verwechselungen kommen. Im Zweifellsfall wurden die Bilder von Willem Kivits als Maßstab verwendet. Er hatte aus seinen Bildern schon einmal eine eigene Merkurkarte erstellt.
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Fotos ähnlicher Zentralmeridiane und die erstellten Zeichnungen

Die Zeichnungen haben nur 4 Graustufen: Dunkel, Mittel, Hell und 'Sehr-Hell'. Insgesamt wurden 24 Merkurbilder zu 13 Zeichnungen zusammengefaßt.
merkurkm2.jpg
Die aus den Zeichnungen erstellten Karten

Diese Zeichnungen wurden gemittelt. Signifikante Details wurden durch die Mittelung verstärkt. Weniger prägnante Strukturen in der Darstellung abgeflacht. Um zeichnerische Ungenauigkeiten zu beseitigen, wurde die gemittelte Karte stark weichgezeichnet und danach im Kontrast angezogen.
merkurkirisc.jpg

Auf dem Merkur gibt es einige isolierte Strukturen die als 'Sehr-Hell' bewertet wurden. Es handelt sich wohl um große Strahlenkrater ähnlich wie Tycho auf dem Mond. Eine Formation bei ZM=30/-15 ist relativ leicht zu fotografieren. Weitere befinden sich bei ZM345/-35, ZM=50/-20, ZM=80/+35 und bei ZM=120/+40. Von Profiseite hat letztere den Namen Degas/Bronte bekommen.
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Es gab je einen Versuch mit den Kartografiefunktionen von Jupos (oben) und mit IRIS (unten)
merkurkirisd.jpg
Die Kartenansichten von Jupos ind IRIS sind um 180 Grad versetzt.

Durch den Umweg über die Zeichnung sind die ZM-Angaben mit einem Fehler von mind.+-15 Grad belastet. Zudem gab es für das Gebiet von ZM190 bis ZM290 kaum ein brauchbares Foto. Zum Glück fanden sich im Internet die Arbeiten dreier Profis die Bilder der fehlenden Region veröffentlicht haben. Grade dieses Gebiet ist besonders interessant, weil es bislang per Raumsonde noch nicht kartografiert worden ist.
merkprof3.jpg
Die Profiaufnahmen zeigen auf den ersten Blick wenig Ähnlichkeiten. Die Aufnahmen haben keinen einheitlichen Kontrastverlauf. Die hellen Gebiete fallen in eine Lücke. Darum sind sie auch auf der Karte nicht zu sehen.

merkprof1.jpg
Einige markante Strukturen wurden identifiziert und zeichnerisch erfaßt.
Nachfolgend ein Vergleich mit und ohne die 'Lückenaufnahmen' aus dem Profilager.
versuch5mprofi3.jpg

Da es über Zeichnungen und Weichzeichner mehrere Selektionsstufen gibt, sind die überlebenden Strukturen mit hoher Wahrscheinlichkeit echt und sollten sich auf passend weichgezeichneten und kontrastverstärkten Raumsondenbildern wiederfinden lassen. Die ESA-Raumsonde Massenger wird in den nächsten Jahren Merkur genauer erforschen und auch bislang unbekannte Gebiete kartografieren. Ein Vergleich mit erdgebundenen Aufnahmen wird spannend werden.





Rotationsanimation mit IRIS:


merkurrota1.gif


Probe an einer 'frischen' Aufnahme von Ralf Gerstheimer die im Modell noch nicht berücksichtigt wurde:
merkurgerstheimer.jpg

Vergleich mit Mariner und Messanger:
Robinson.jpg


merkursatvgl.jpg


merkursatvgl2.jpg

Noch klarer wird der Vergleich wenn man die Mariner-Bilder etwas unscharf rechnet
merkursatvglunscharf1.jpg







Verwendete Aufnahmen:
M1) 9.9.06, ZM=221, J.Laufer
M3) 25.9.07, ZM=007, W.Kivits
M6) 1.8.07, ZM=123, W.Kivits
M7) 5.8.07 ZM=140, W.Kivits
M10) 29.8.07, ZM=236, W. Kivits
M11) 4.9.07, ZM=267, W. Kivits
M12) 11.9.07, ZM 300, W.Kiwits
M13) 19.9.07, ZM333, W.Kiwits
M14) 30.8.05, ZM=111, M.Weigand
M15) 19.5.07, ZM=67, J.Laufer
M16) 23.9.2006, ZM=284, J.Laufer
M17) 10.6.05, ZM=96, J. Laufer
M18) 19.6.05, ZM=67, M.Weigand
M19) 22.06.05, ZM=81, M.Weigand
M23) 22.5.07, ZM=82, M.Weigand
M24) 6.8.07, ZM=144, M.Weigand
M25) 1.8.07, ZM=122, B.Gährken
M26) 31.7.07, ZM117, B.Gährken
M27) 19.6.05, ZM=66, B.Gährken
M28) 24.5.07, ZM=91, B.Gährken
M29) 20.5.07, ZM=72, B.Gährken
M30) 12.5.07, ZM=38, B.Gährken



P1) 2.5.02, ZM=281, L.Kasanfomality et al. (Icarus 188/2007, S.271ff)
New Images of Mercury´s surface from 210 to 290 W-Long ...
P2) 29.8.98, ZM=253, R.F.Dantowitz et al. (Astron. Journal 119/ S.2455ff)
Ground-based High Resolutiom Imaging of mercury
P3) 9.7.98, ZM=306, J.Warrel, Homepage: http://www.astro.uu.se/~johwar/



Verwendete Aufnahmen sortiert nach ZM:

M3) 25.9.07, ZM=007, W.Kivits

M30) 12.5.07, ZM=38, B.Gährken

M15) 19.5.07, ZM=67, J.Laufer
M18) 19.6.05, ZM=67, M.Weigand
M27) 19.6.05, ZM=66, B.Gährken
M29) 20.5.07, ZM=72, B.Gährken

M19) 22.06.05, ZM=81, M.Weigand
M23) 22.5.07, ZM=82, M.Weigand

M28) 24.5.07, ZM=91, B.Gährken
M17) 10.6.05, ZM=96, J. Laufer

M14) 30.8.05, ZM=111, M.Weigand
M26) 31.7.07, ZM117, B.Gährken
M25) 1.8.07, ZM=122, B.Gährken
M6) 1.8.07, ZM=123, W.Kivits

M7) 5.8.07 ZM=140, W.Kivits
M24) 6.8.07, ZM=144, M.Weigand

M1) 9.9.06, ZM=221, J.Laufer
M10) 29.8.07, ZM=236, W. Kivits

M11) 4.9.07, ZM=267, W. Kivits
M16) 23.9.2006, ZM=284, J.Laufer
M12) 11.9.07, ZM 300, W.Kiwits

M13) 19.9.07, ZM333, W.Kiwits

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P1) 2.5.02, ZM=281, L.Kasanfomality et al. (Icarus 188/2007, S.271ff) New Images of Mercury´s surface from 210 to 290 W-Long ... P2) 29.8.98, ZM=253, R.F.Dantowitz et al. (Astron. Journal 119/ S.2455ff) Ground-based High Resolutiom Imaging of mercury P3) 9.7.98, ZM=306, J.Warrel, Homepage: http://www.astro.uu.se/~johwar/





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