Villa
Romana und Agrigent II
Am nächsten Tag wurde eine weitere
UNESCO-Welterbestätte besucht, die Villa Romana de Casale.
Die Villa befindet sich in der Stadt Piazza Armerina ungefähr
in der Inselmitte.
Die Strecke erfordert von Agrigent aus einen Tagesausflug, doch der
weite Weg lohnt sich!
Die Villa wurde im 3 Jh. für einen
Mitkaiser von Diokletian erbaut. Nach dem Machtverlust genoss er in
Sizilien ein luxuriöses Exil. Der Bauherr war extrem reich und
beschäftigte nur die besten Handwerker und Künstler.
Die Anlage ist entsprechend repräsentativ. Später war
sie die Residenz des Provinzstatthalters.
Um sich beim Volk einzuschmeicheln wurde die Villa so gebaut das sie der lokalen Bevölkerung auch als Therme dienen konnte. Der Palast war wie heutzutage ein Rathaus, öffentlich zugänglich.
Der Palast ist berühmt für
seine Mosaike. Nirgendwo auf der Welt hat sich aus römischer
Zeit etwas vergleichbares erhalten. Wenn sich sonst-wo was erhalten
hat, dann immer nur im Erdgeschoss. In der Villa Romana gibt es auch
noch mosaikgeschmückte Fußböden im 1.
Stock!
Die Mosaike sind sehr umfang- und
detailreich. Es gibt ein durchdachtes Bildprogramm das immer wieder
aufeinander anspielt.
So gibt es in den Thermen ein großes Wagenrennen. Das Thema
wird in den Privaträumen wieder aufgegriffen.
In den Privaträumen sind es aber spielenden Kinder die sich ein Wettrennen liefern. Ihre Wagen werden von Vögeln gezogen.
Das Thema Jagd ist ebenfalls in mehreren
Varianten zu finden. Einmal dient die Jagd einem Gastmal und
einmal dem Einfang von Bestien für die Spiele.
Der Einfang
und der Export der ´Bestien´ ist ein umfangreicher
Zyklus.
Das Mosaik bildet den Boden eines langen Flurs und läuft über die komplette Länge des Palastes. Man sieht dort wie Strauße, Löwen, Elefanten, Nashörner und Stiere gefangen werden. Danach werden sich auf Schiffe verladen. Am Zielort sieht man wie sie die Schiffe wieder verlassen. Es gibt auch kritische Allegorien auf das Handeln der Menschen gegenüber der Natur. An einer Stelle wird der Mensch als Gefangener der Tiere dargestellt. Es wird die Frage gestellt, wie sich wohl der Mensch als Opfer ´tierischer Willkür´ fühlen würde.
In den Privaträumen
sieht man dann
die Jagd wieder als Kindermotiv. Kleintiere wie Fische, Hasen und
Vögel sind hier passender als Nashorn und Elefant.
In den Schlafzimmern gibt es Darstellungen
der Jahreszeiten, es gibt Blumenmotive und auch erotische Szenen.
Die Vielzahl
der Details auf den Mosaiken ist kaum wiederzugeben. Man
erfährt viel über die Lebenswelt der Antike. Die
Mosaike sind anders als Statuen, Portraits oder Münzen die
immer nur der Selbstdarstellung einzelner Personen dienen, aber
über deren Leben nichts aussagen.
Ein Zeichen des Luxus ist das auch die Räume der Dienerschaft
mit Mosaiken geschmückt wurden.
Obwohl die Herrschaft diese Werke sicher nur selten gesehen hat, wurde
auch hier viel Arbeit investiert.
Der Boden der Küche zeigte zwar keine Figuren, aber doch
aufwändige geometrische Muster.
Das berühmteste Mosaik der Villa ist in einem der kleineren Räume. Es handelt sich um eine Gruppe junger Mädchen bei der Sportlichen Gymnastik.
Hier wird beim Laufen mit Hanteln trainiert
und
der Diskus geschleudert. Eine barbusige Preisrichterin vergibt eine
Krone und einen Palmzweig.
Interessant
ist die Haarfarbe. Bei den Römern waren Blondienen bevorzugt.
I.d.R. wird dieses Mosaik als die ´Bikinigirls´ bezeichnet. Die Mädels tragen bei genauen Hinsehen allerdings eher Brustbinden. Der Bikini ist doch eher eine Idee der 50er Jahre, als mit dem Atomzeitalter auch die Sexbombe erfunden wurde.
Wassermotive in der Thermenanlage.
Tierköpfe im Eingangsbereich
Als kämpferisches Motiv gab es einen Ringkampf von Pan mit einem Satyr.
Wichtiger als der Kampf war dem Bauherrn aber die List. Ein Mosaik zeigt Odysseus in der Höhle des Polyphem. Odysseus reicht den Wein der den Riesen trunken macht.
Der größte Repräsentationsraum war die Basilika. Sie ist eine Miniversion der zeitgleich entstandenen Basilika in Trier und diente für Audienzen des kaiserlichen Hausherrn.
Nachdem an den Vortagen mit der Villa Romana und dem Tal der Tempel
zwei touristische Highlights besucht wurden,
stand am dritten Tag der Besuch der Stadt Agrigent auf dem Programm.
Der Ort war als Oberzentrum auch im Mittelalter bedeutend.
Die Häuser sind dicht gedrängt auf einem
Hügel der gut verteidigt werden konnte.
Der Hügel war auch schon in der Antike bebaut, lag aber am
Stadtrand.
Einer der Tempel ist heute die Kirche S. Maria del Greci.
Der Sockel des Athena-Tempels hat sich in der Kirche erhalten.
Dir Kirche hat heute einen Glasboden um die darunterliegenden mittelalterlichen Räume zu zeigen. In diesem Raum wurden die Körper verstorener Mönche mumifiziert. Sie saßen in den Steinsesseln und wurden ´luftgetrocknet´. Das Loch in der Mitte diente zum Abfluss von Körperflüssigkeiten.
Die Kathedrale San Gerlando wurde im
11.
Jahrhundert errichtet.
Der vordere Teil des Mittelschiffs ist mit einer Freibalkendecke aus dem Jahre 1518 gedeckt, der etwas höher liegende Mittelteil mit einer Kassettendecke von 1682.
In einer Kapelle im rechten
Seitenflügel, die ein gotisches Portal hat, wird eine
Silberurne mit Reliquien des heiligen Gerlando aufbewahrt.
Eine Seitenkapelle wird als Ausstellungsraum für antike Sarkophage und mittelalterliche Buchmalereien genutzt.
Auch der
Glockenturm kann bestiegen werden. Die alte Uhr ist nicht mehr in
Funktion.
Die Uhrgewichte sind aber noch vorhanden.
Agrigent hat mehrere Museen. Besucht wurden das Diozösanmuseum und eine Gemäldegalerie in einem alten Kloster, dem Palazzo Filippini.
Im Kloster gab es
aufschlussreiche barocke Gemälde. Die Mönche des 18
Jh. waren sicher fromm, ...doch Titten mochten sie schon!
Auch mittelalterliche Kunst war vertreten.
Ein kurioses Austellungstück ist dieses Bett in dem während eines Besuchs der heilige Papst Johannes-Paul II übernachtet hat. Ein Video seines Besuchs in Agrigent läuft als Endlosschleife.
Interessant war ein Maler namens Fra Felice di Sambuca. Er ist in Deutschland völlig unbekannt und hat nur im italienischen Wikipedia einen Eintrag. Dort wird er als phantasiereich aber technisch weniger versiert beschrieben. In seiner Zeit war Fra Felice aber ein sehr begehrter Maler und hat trotz fehlender akademischer Ausbildung ein sehr umfangreiches Werk hinterlassen. Er wirkt auf den heutigen Betrachter erstaunlich modern. Die großen Farbflächen die expressiven Gesichter und knalligen Farbtöne wirken etwas comic-haft.
Fra Felice ist
kein El Greco aber von dem Geist ist doch etwas zu spüren.
Interessant waren auch die lokalen
Gemälde des 19.Jh. Sie
zeigen das Tal der Tempel
und verdeutlichen, das die dortigen Gebäude
tatsächlich unverändert über die
Jahrhunderte zu uns gekommen sind.