Seit einigen Jahren ist die Beobachtung von Sternverfinsterungen durch Kleinplaneten eines der Hauptziele
wissenschaftlicher Arbeit in der Amateurastronomie.
In der Regel sind die Sterne schwach. Pro Jahr gibt es für Deutschland vielleicht
einen Stern mit 6 bis 7mag. Doch am 8.6.2010 kurz vor Mitternacht Sommerzeit kam es zu einer
sehr seltenen Bedeckung eines freisichtigen Sterns durch den Kleinplaneten (472) Roma. Der Zielstern
hieß Delta-Ophiuchus und ist mit 2,7mag nur wenig schwächer als der Polarstern. Die Finsterniszone
sollte ein etwa 50km breiter Streifen sein der von Hamburg nach Aachen verläuft. Auf diesem Weg sollte
der Stern für max. 7 Sekunden verschwinden. Da der Stern ein Roter Riese ist, wurde ein bis
zu 2 sekündiges Fading erwartet. Da das Ereignis so selten ist, starteten ESA und IOTA umfangreiche Beobachtungskampagnen.
Der weitere Verlauf der Finsterniszone ging von Aachen quer durch Frankreich bis
nach Zentralspanien. Für Spanien waren auch die Wetterprognosen am besten. deswegen wurde
ein verlängertes Wochenende mit einem Kurztripp in die Extremadura eingeplant.
Einige Sternfreunde aus Magdeburg waren schon eine Woche zuvor auf einem Zeltplatz
bei Plascencia angekommen und hatten mein Astroequipment mit in den Süden genommen.
Die Anreise erfolgte mit einem sehr günstigen Iberia-Flug direkt von München nach
Madrid und von dort aus mit einer zweieinhalbstündigen Zugfahrt nach Navalmoral de la Mata.
Während der Fahrt sah der Himmel wenig vielversprechend aus. Zwischendurch regnete
es sogar. Der einzig nette Anblick war die schlafende Spanierin
auf dem Sitzplatz gegenüber.
Kurz vor Navamoral lockerten dann die Wolken auf und die Sonne kam heraus.
Der Empfang am Bahnhof war überaus freundlich. Mario Thiele, Jens Briesemeister,
Odette und Andreas Woost waren mit spanisch-deutsch-bayrischer Beflaggung angereist.
Klugerweise hatten Sie sich so für die laufenden WM in alle Richtungen abgesichert
und hatten auf dem Zeltplatz selbst bei den spanischen Fußballfans Zustimmung gefunden.
Es war extrem heiss.
Vom Bahnhof ging es gleich zur Erfrischung in eine Tabledancebar... die aber leider noch nicht geöffnet hatte....
So wurde das erste spanische Bierchen anderswo gehoben.
Nach einer kurzen Rast am Zeltplatz ging es weiter zum
geplanten Beobachtungsort unweit der erwarteten Zentrallinie. Der Himmel wird in Zentralspanien
auch im Sommer sehr dunkel. Die Lichtverschmutzung konzentriert sich auf wenige Ballungzentren
und so hatten wir nach dem verschwinden der letzten Wölkchen einen guten 6mag-Himmel.
Der Skorpion stand komplett über dem Horizont und auch unser Zielstern war allerbestens zu sehen.
Der Aufbau ging flott vonstatten.
Die Technik funktionierte reibungslos. Mit einem 8mm f/1,4 Videoobjektiv
war bei 12,5fps Delta-Oph noch locker zu erkennen.
Voller Optimismus
warteten wir auf das Ereignis .... und es passierte nichts!
Wie wir in nachhinein erfuhren, hatte sich der Schatten fast eine Pfadbreite an den Nordrand verschoben.
Wäre ich nicht nach Spanien gefahren, sondern hätte bei Bad Bentheim beobachtet
wäre das Ereignis sichtbar gewesen.
Wir hatten alles versucht und mußten uns daher keine Vorwürfe machen.
Die folgenden 3 Nächte wurden unter fast idealen Bedingungen für andere
Beobachtungen genutzt. Die letzte Nacht verbrachten wir auf einem 1400m hohen
Berg bei Plascencia:
Visuell standen einige Kugelsternhaufen im Schlangenträer auf dem Programm.
Die überraschung des Abends war die klare Auflösung von M22 in einem 75mm(!) Teleskop!
Gut gelangen auch ein paar Jupiterbilder mit dem 130mm Tak von Andreas Woost:
Kurz vor Neumond war am Morgenhimmel eine schöne Mondsichel zu sehen:
Für die Watec war nur ein 20 Euro Billiggrabber im Gepäck, der nicht
die sonst übliche Qualität lieferte. Dennoch entstand ein hübsches Foto des
Nebels NGC6354, der wegen seiner Lage im südlichen Skorpion noch in der
Bildersammlung fehlte.
Der Rest der Tage wurde mit etwas Sightseeing verbracht.
Das nahe Tal des Tajo ist ein Nationalpark mit einer reichen Pflanzen und Vogelwelt.
Der erste Kontakt mit der Fauna Iberica waren jedoch einige Käfer auf dem Zeltplatz
die sehr an die heimischen Schokokäfer erinnerten.
Tagsüber wurde die Sonne beobachtet...
...oder die lokale Vogelwelt.
Die Zeit zwischen 12:00 und 18:00 Uhr war unerträglich heiss und wurde
mit Siesta verbracht:
Am Abend gab es noch einen Ausflug zum Geierfelsen im nahen Nationalpark
Fotoexperimente mit der Digiknipse durch ein Fernglas:
Bei den Geiern nisteten auch ein paar Schwarzstörche.
Im Nationalpark ist der Tajo aufgestaut und bildet einen mehrere dutzend
Kilometer langen See
Von den umliegenden Bergen hat man schöne, gut ausgeschilderte Aussichtspunkte auf die Wasserfläche
Nicht nur die Tierwelt sondern auch die Steine sollen etwas Besonderes sein:
Auf einem Berg gab es eine alte Burgruine
Das sie aus maurischer Zeit stammt, konnte man im Innenraum an einem
Bogen erkennen.
Vom Turm aus hatte man einen tollen Blick auf die Landschaft
Durch Zufall lernten wir einen einheimischen Sternfreund kennen, der
seine Sternwarte unweit von unserem Zeltplatz errichtet hatte und konnten ihm
einen Besuch abstatten.
Sein wertvolles Instrumentarium von bester Qualität läßt er von 2 sehr großen
Hunden bewachen
Die Montierungen von ASA und Losmandy werden Remote betrieben.
Mit einer ST11 sind einige schöne Astrofotos entstanden
Am Nachmittag wurde Plascencia besichtigt. Die Stadt ist kein Highlight wie Avila oder Segovia,
hat aber eine schöne Kathedrale und auch Reste der Stadtmauer sind erhalten.
Die Hauptsehenswürdigkeit in Plasencia ist der mittelalterliche Dom der von zahlreichen Störchen besiedelt wird.
Leider war während unseres Besuchs die Kirche geschlossen. Zwischen 12:00 und 17:00 Uhr
während der Siesta kann die Kathedrale nicht besichtigt werden.
Dabei wäre die Kirche grade zu dieser Zeit ein angenehmer Fluchtpunkt. Als wir
durch die Straßen der Stadt durstig von Kneipe zur Kneipe schlenderten, zeigten
die Thermometer steigende Temperaturen von 37 bis 47 Grad.
Neben den Sakralbauten gibt es noch einen teilweise erhaltene mittelalterlichen Stadtmauer...
....und einen Aquädukt aus der Römerzeit.
Die Stadt hat viele moderne Bauten die nicht immer schön sind, doch der Marktplatz ist noch gut erhalten.
In den Abendstunden gab es nochmal eine Tour zurück an den Stausee. Unter allerlei
umgedrehten Steinen gab es allerlei Getier.
Gesichtet wurde ein Frosch mit reichlich Asseln....
... eine Zauneidechse...
...und eine tote Vipernatter (natrix maura).
Wieder am Zeltplatz wurden noch ein Gekko fotografiert.
Mauergecko (tarentola mauritanica)
Früh am Morgen des Folgetages ging es dann wieder per Zug und Flug
zurück nach Deutschland. Noch erschöpft von der Beobachtungsnacht
wurde die Fahrzeit meist verschlafen. Auch wenn die Romabedeckung
nicht gesehen wurde, haben wir doch in den
2 Tagen und 3 Nächten vieles beobachten können.
Astroreisen