Violau 2010
Reise zur streifenden Antaresbedeckung in die Türkei am 21.10.2009
Alle 18 Jahre kann es vorkommen das der helle Stern Antares vom Mond
streifend bedeckt wird. Im Laufe von etwa 2 Jahren gibt es dann mehrere Ereignisse
hintereinander. Antares ist ein Roter Riese mit einen so großen Durchmesser
das es bei einer streifenden Bedeckung zu Fadingeffekten kommen kann. Der Stern verschwindet
dann nicht schlagartig sonden wird über mehrere Bilder langsam schwächer.
Spica und Regulus sind zu klein für ein Fading.
Der einizige Riesenstern mit ähnlichen Fading ist der 10 mal kleinere Aldeberan
der aber auch 10 mal näher ist. Aldeberanbedeckungen sind wegen der größeren Ekliptikdistanz seltener.
Aldeberan wird am 5.9.2015 wieder bedeckt.
Bezogen auf die Mondkante hat Antares etwa einen projizierten Durchmesser
von etwa 140m. Durch die partielle Abdeckung des Sterns wird
der endliche Durchmesser der sonst für den Amateur nur punktförmig
erscheinenden Sterne direkt spürbar.
Die letzte streifende Bedeckung des Zyklus 2008/2009
sollte in der Türkei stattfinden.
Die schmale Monsichel kann bei Nacht keinen großen Abstand zum
Horizont besitzen.
Die Türkei war die einzige Region auf der Erde in der die Bedeckung nach Sonnenuntergang,
am dunklen Himmel, wenige Grad über dem Horizont stattfinden sollte.
Das Wetter ist in der Türkei im Oktober wechselhaft. Die Wahrscheinlichkeit
für einen klaren Himmel wird mit etwa 50% angegeben.
Am ersten Tag machte das Wetter auch wenig Hoffnung.
Blick aus dem Hotelfenster am ersten Tag
Blick entlang am Kai
Aufällig waren mehrere Transparente zum 'Internationalen Jahr der Astronomie'.
Am Wochenende sollte dazu in Kusadase ein Seminar stattfinden.
Zum IYA war
im Rathaus auch ein Flyer erhältlich.
Kusadase ist der Anlandepunkt für die Besucher von Ephesus, der besterhaltenen Römerstadt in
Asien
Auf den warmen Steinen der Ruinen tummelten sich einige Reptilien.
Als Eidechse ein europäisches Schlangenauge und als Agame ein Hardun (Schleiderschwanz)
Am Graze-Tag waren
die Bedingungen perfekt.
Aus der nahen Universitätsstatt Izmir hatten sich 4 Co-Beobachter
angemeldet. An einer Tankstelle nahe Ephesus erfolgte die
erste Lagebesprechnung.
Von dort ging es weiter zum Beobachtungsort direkt am Strand
nur ein paar
Kilometer nördlich von Kusadase.
Position der Co-Beobachter.
Nach der Prognose sollte nach dem ersten Kontakt 3min Finsternis folgen.
Nach etwa 20s Wiedererscheinen sollte es nochmal eine halbe Minute
dunkel werden. Interessant war die Frage ob es noch eine dritte
Bedeckung geben würde. Nach den Daten einer aktuellen japanischen Mondmission
lag mein Standort so, dass die dritte Bedeckung knapp verpasst werden sollte.
Tatsächlich war aber auch die dritte Bedeckung von meinem Ort aus gut zu sehen.
Der Berg ist also höher als er nach der Raumsondenmessung aus Japan sein sollte.
Visuell erschienen die 3 Eintritte schlagartig. Beim ersten und zweiten Austritt
wurde jeweils kurz eine partielle Bedeckung wahrgenommen. Die Dauer des Fading wurde unter eine Sekunde
geschätzt. Ev. könnte es sich auch um Antares-B handeln. Weitere Analysen werden dies klären.
Auch die Co-Beobachter sahen 3 Verfinsterungen. Einer von Ihnen konnte das Ereignis sogar mit
freien Auge verfolgen! Die 4 waren mit einem Tonband und meiner Digitaluhr ausgerüstet. Die Uhr ging auf
etwa 1 Sekunde genau und gab um 19:21 ein Piepton von sich. Nach Angaben des Beobachters
sind die Austritte zeitlich etwas unsicherer.
Tonbandauswertung:
1.Eintritt: 19:19:07 (113s vor dem Piep)
1.Austritt: 19:22:09 (69s nach dem Piep)
2.Eintritt: 19:22:38 (98s nach dem Peep)
2.Austritt: 19:23:02 (122s nach dem Piep)
3.Eintritt: 19:23:21 (141s nach dem Piep)
3.Austritt: 19:23:31 (151s nach dem Peep)
Tonbandauswertung (-2 Schrecksekunden):
1.Eintritt: 19:19:05
1.Austritt: 19:22:07
2.Eintritt: 19:22:36
2.Austritt: 19:23:00
3.Eintritt: 19:23:19
3.Austritt: 19:23:29
Der eigene Beobachtungsplatz lag am Rande eines Baskettballfeldes
weniger als 10 m vom Meer entfernt.
Beobachtet wurde mit zwei parallelen 66mm Refraktoren zu 400mm Brennweite
auf einer Giro-Montierung.
Das eine Gerät wurde mit einem 6mm Okular für visuelle Zwecke verwendet.
Das andere Gerät wurde
mit einem 0,5-fach Reducer und einer Webcam zur Fotografie eingesetzt.
Während der Aufnahme war auch ein Feldstern sichtbar.
Mit Cartes du Ciel konnte er ermittelt werden. Er
hat eine Helligkeit von 6,1mag was im Vergleich mit
Antares-B interessant ist. Antares-B sollte mit seinen 5,5mag
minimal heller sein und etwa
etwa dem schwachen Mondberg am Südpol entsprechen.
Testvideo
Antares ist ein Doppelstern mit blauen Begleiter.
Der Winkelabstand liegt momentan bei 2,53 Bogensekunden.
Bei einer Bedeckung am 24.7.2005 war gut die blassblaue Farbe der B-Komponente
und das kräftige Orange des Hauptsterns zu erkennen.
Hauptvideo
Tatsächlich war Antares-B am 21.10.2010 von meiner Position aus während des ersten und des zweiten Austritts
gut zu sehen. Die folgende Animation zeigt den ersten Austritt in Realtime.
Wie erwartet entspricht Antares-B in der Helligkeit etwa dem schwachen Mondberg.
Zum Ende sieht man das Aufflammen von Antares-A.
Zur Vorbereitung des Antaresgraze wurde ein Mondrandprofil
aus den aktuellen Daten der japanischen Mondsonde Kaguya
verwendet. Der Graze bot die interessante Möglichkeit die
Exaktheit der Höhenmessung der Mondsonde zu überprüfen!
Die Genauigkeit der Radarhöhenmessungen ist davon abhängig
wie genau die Position der Raumsonde bekannt ist.
Auf der folgenden Grafik entspricht die obere Linie
dem erwarteten Graze an meiner Position.
Der Stern sollte von rechts nach links laufend entlang dieser
Linie verfinstert werden.
Die Blinkende Kurve darunter entspricht
bester Annäherung den tatsächlich gemessenen Werten.
Wäre die Raumsondenmessung exakt, hätte es an meiner Position nur
2 Eintritte geben dürfen. Tatsächlich verschwand
der Stern jedoch 3 mal! Aus der Dauer
der dritten Verfinsterung läßt sich errechnen, dass es in den
Daten einen systematischen Fehler von etwa 0,210 Bogensekunden geben muß.
Wo der Fehler genau liegt, muß noch ermittelt werden. Vermutlich weicht meine
Position etwa 90m von der Prognoselinie ab was etwa die Hälfte des Fehlers
erklären könnte. Der Rest ist aber mit ca. 100m Abweichung
immer noch erklärungsbedürftig. Lt. der japanischen
Raumfahrtagentur sollte das Höhenprofil auf etwa 5m genau sein.
Das entspricht der Genauigkeit mit der Position der Sonde
zum Zeitpunkt der Messung bekannt war. Es erscheint momentan eher
unwahrscheinlich dass die Raumsonde um diesen Betrag zu niedrig geflogen ist
und so die Mondberge um 210m zu niedrig gemessen hat.
Der Höhenfehler ist in den Daten von Eberhard Bredner
reproduzierbar. Seine Kurve
hätte in der Mitte zwischen der oberen und unteren
Kurve liegen sollen, ist jedoch im Best-Fit auch
um mehr als 200m nach unten verrutscht.
Es gibt Spekulationen wonach die Höhe seines
Standortes über dem Meer unterschätzt worden ist.
Er hatte 20m angegeben und bei 57m Höhe würden die Daten
passen.... - doch ich habe den Standort gesehen und schätze
den Abstand zur Meereshöhe eher unter 20m!
Äußerst bemerkenswert ist in Eberhards Video das kurze schwache Erscheinen
zwischen dem 2. Austritt und 3. Eintritt.
Die folgende Animation zeigt das Geschehen in Realtime:
Wer die Animation genau anschaut, kann erkennen, dass auf einigen
Einzelbildern der Stern kurzzeitig heller wird als der
zur Referenz dienende schwache Mondberg.
Hier leuchtet zusätzlich partiell Antares-A durch ein Mondtal!
Dieser kurze Moment ist beim 'Best-Fit' in den Kaguya-Daten wiederzufinden.
Zudem wurde ein Vierter Kontakt bei +2:28min knapp verfehlt.
Das ist ein Beleg für die insgesamt erschreckend hohe Qualität der japanischen
Monddaten!
Mit unseren Daten hat das Kaguya-Team nochmal genau nachgemessen.
Ihre Einschätzung der Kontaktpunkte liegt sehr nah bei meiner ersten
Grafik.
Antares-A besitzt als Roter Riese einen messbaren Durchmesser.
Auf den Mondabstand projiziert sind das ca. 140m.
Bei der Bedeckung verschwindet der Stern daher
nicht schlagartig, sondern es gibt ein
über mehrere Bilder laufendes langsames Verschwinden.
Die Dauer dieses Fading ist ein direktes Maß für
die Steilheit des jeweiligen Mondhangs.
Für die 3 Bedeckungen gab es 6 Kontakte für
die folgende Werte ermittelt wurden:
1. Eintritt: 8 Bilder je 0,04s
1. Austritt: 3 Bilder je 0,04s
2. Eintritt: 10 Bilder je 0,04s
2. Austritt: 7 Bilder je 0,04s
3. Eintritt: 7 Bilder je 0,04s
3. Austritt: 8 Bilder je 0,04s
Leider gibt es wegen der Luftunruhe eine Ungenauigkeit
von ca. 2 Bildern. Dennoch kann man sagen, dass der 1.Austritt der Komponente A
signifikant kürzer war als die anderen 5 Kontakte.
Das passt gut zu den Daten von
Kaguya. Der Mondhang ist beim ersten Austritt sehr steil eingezeichnet!
Bei nördlichen Positionswinkel von Antares-B könnte die extreme Steilheit des Hangs
die lange Sichtbarkeit der schwachen Komponente begünstigen. In diesem Fall
wäre das von Eberhard Bredner zwischen dem 2. Austritt und 3. Eintritt
aufgezeichnete Signal komplett auf partielles Licht der
Komponente A zurückzuführen.
Abschließend nochmal die 6 Kontakte der Komponente-A
als Animation. Zu besseren Verdeutlichung wurde
die Zeit um den Faktor 2 gestreckt.
1. Eintritt: 8 Bilder und 1. Austritt: 3 Bilder
2. Eintritt: 10 Bilder und 2. Austritt: 7 Bilder
3. Eintritt: 7 Bilder und 3. Austritt: 8 Bilder