Bilder von der Sonne im Kalzium-Licht und in H-Alpha für unter
600 Euro...kann das funktionieren? - Das dies möglich sein
könnte, verspricht der Sol´Ex-Bausatz, der von dem
französischen Unternehmen Shelyak angeboten wird. Shelyak ist
als Hersteller semiprofessioneller Spektrografen gut bekannt. Der
Sol´Ex basiert dann auch nicht auf einer klassischen
Filtertechnik sondern nutzt die Möglichkeiten der
Spektroskopie. Wer erwartet, dass mit dem Teleskop ein Bild zu sehen
ist, wird enttäuscht. Es ist lediglich ein fotografischer
Einsatz möglich.
Bis zum ersten Foto müssen einige Hürden genommen
werden, denn die Konstruktion und Auswertung ist ziemlich tricky. Zum
Glück gibt es gute Dokumentationen und Videos im Internet. Man
darf den Sol´Ex nicht als stressfreie Technik für
High-End -Fotos verstehen, sondern eher als lehrreiches Bastelprojekt
mit dem einige interessante Experimente möglich sind.
Durch das Teleskop wird ein Spektrum erzeugt. Das Spektrum wird auf die
H-Alpha-Line beschränkt und diese Linie kann dann mit einer
Webcam abfotografiert werden. Mit der Montierung wird die Sonne
abgescannt und ein Video des Scanns erstellt. Aus diesen Daten
rekonstruiert später eine Software das gewünschte
Sonnenbild. Die nötige Software heißt INTI und ist
kostenlos im Internet erhältlich.
Der Bausatz enthält einen 4,5mm breiten Spalt, ein kleines
Reflektionsgitter mit beachtlichen 2400 Linien pro Millimeter und 2
Kollimatorlinsen. Das Gehäuse kann man sich mit einem 3-D
Drucker selbst ausdrucken (1). Es gibt die Gehäuse aber
inzwischen auch fertig ausgedruckt zu kaufen (2).
Als Energieschutz wird ein Herschelkeil oder ein Frontfilter
benötigt. Der muss ebenso wie die Fokusiereinheit für
die Webcam extra erworben werden. Alle wesentlichen Infos gibt es unter
http://www.astrosurf.com/solex/sol-ex-presentation-en.html in
Französischer oder Englischer Sprache. Informationen in
Deutsch gibt es dort bislang nicht. Bei Youtube gibt es Videos die den
Zusammenbau und die Nutzung gut erklären (3).
Der fertige Sol´Ex
Bausatz am Teleskop
Der Spalt misst nur 4,5mm
Die Ritze zwischen den
Bauteilhälften sollte lichtdicht verschlossen werden um
Streulicht zu
vermeiden.
Im Anleitungsvideo wird eine kleine Sucheroptik mit nur 32mm Öffnung und 200mm Brennweite verwendet. Bei 200mm Brennweite ist die Sonne deutlich kleiner als der Spalt, was die Justage vereinfacht. Die eigenen Experimente wurden mit einem 72mm f/6 Refraktor durchgeführt. Das Sonnenbild ist bei 432mm Brennweite etwa 4mm groß. Da der Spalt nur 4,5mm misst, ist einiges anders als im Video. Die Spektrallinien sind nicht grade sondern deutlich gekrümmt.
Beim ersten Test waren sie trotz aller Justage-versuche auch deutlich unschärfer als im Video. Eine Optimierung war möglich, indem die Optik auf f/8 abgeblendet wurde. Das ging einfach mit einem Pappdeckel mit einem etwa 5cm großen Loch. Zudem wurde ein IR-Sperrfilter vor den Sol´Ex gesetzt. Das Resultat war nun besser aber immer noch nicht überzeugend.
Nach der üblichen
Faustformel
errechnet sich das Auflösungsvermögen in
Bogensekunden mit 138 dividiert durch die Öffnung des
Fernrohrs in Millimeter. Die 50mm Optik sollte demnach also etwa 2,7
Bogensekunden erreichen. Auf der Internetseite Astrosurf.com wird
theoretisch hergeleitet mit welcher Geschwindigkeit bei welcher
Pixelgröße der Scan erfolgen muss, um die maximale
Auflösung zu gewährleisten. Nach dem
Nyquist-Kriterium werden für die 2,7" große
Strukturen 2 Pixel benötigt, was bei der Sonne mit ihren 1800
Bogensekunden 1333 Pixeln entspricht. Der Webcam-Chip sollte also
ausreichend groß und feinpixelig sein, um diese
Auflösung zu gewährleisten. Bei 50fps sollte man die
Sonne innerhalb von 26.6 Sekunden ab-scannen. Dann entspricht jedes
Bild einem Pixel.
In der Praxis wird die Ortsauflösung von 2,7 Bogensekunden
leider nicht erreicht. Die Ergebnisse sind um den Faktor 3 bis 10
schlechter. Die Qualität der optischen Elemente und die
schwierige Justage lassen eine höhere Auflösung kaum
zu. Die Anforderungen an die Aufnahmequalität sind also in der
Praxis viel geringer als in der Theorie. I.d.R. führt Binning
nicht zur Qualitätsminderung und schnellere Scans sind
ebenfalls möglich.
Es gibt jedoch einen Trick um trotzdem etwas mehr rauszuholen. Wenn die
Teleskop-Brennweite erhöht wird, muss die nachfolgende
Sol´Ex- Hardware optisch nicht mehr soviel leisten. Eine in
der Szene verbreitete Empfehlung ist ein kleiner 60mm Maksutov mit
750mm Brennweite (4). Natürlich ist bei 750mm Brennweite das
Sonnenbild größer als der Spalt. Es kann also nicht
mehr die komplette Sonne abgebildet werden. Die INTI-Software schafft
es jedoch auch aus Scanns mit der halben Sonne ein Bild zu errechnen.
Mit einem Panoramatool lassen sich die beiden Sonnenhälften
später nahtlos zusammenfügen.
Der Maksutov hat ein Öffnungsverhältnis von f/12,5.
Das erhöht die Tiefenschärfe und verringert die
Justageprobleme. Bei den eigenen Tests wurde der 72mm f/6 Refraktor
einfach mit einer Barlow verlängert. Das liefert den gleichen
Effekt.
Der Qualitätssprung ist spürbar, aber das theoretische Auflösungsvermögen wird trotzdem nicht erreicht. Wegen der geringen Auflösung machen sich Veränderungen auf der Sonne nicht so schnell bemerkbar. Mit ein wenig Übung und guten Nerven kann man in 2 Minuten 10 Scans schaffen und schon etwas Lucky-Imaging probieren. So lässt sich noch ein Quäntchen mehr herausquetschen.
Auch andere Linien können mit dem Sol´Ex eingestellt werden. Der Anblick in der grünen Magnesiumlinie entspricht etwa dem visuellen Eindruck im Kontinuum und zeigt welche Auflösung maximal möglich ist.
Neben der H-Alphalinie
sind die Kalziumlinien CaH und CaK unter den Sonnebeobachtern am
bekanntesten. Sie liegen im UV. Das Sonnenbild ist hier komplett
anders
Eine spannende, aber
selten beobachtete Linie ist H-Beta. Die Sonne zeigt hier wie im
Kalzium- und H-Alpha-Licht auch Protuberanzen. Wir blicken auf den
mittleren Bereich der Chromosphäre.
Anders als im H-Alpha
oder CaK sind hier die Fackelgebiete im Umfeld der Flecken als dunkle
Struktur zu sehen!
Bei der grün-blauen H-Beta-Linie zeichnet der Solex besonders scharf.
Wenn man den Spalt über einen Sonnenfleck fährt ist die Linienverbreiterung durch den Zeemann-Effekt sichtbar:
Einige der interessantesten Linien sind auf der Solex-Seite gelistet:
1)
Download der Files für den 3D-Druck
3) Videos zum Zusammenbau und zur Nutzung:
https://www.youtube.com/watch?v=fh24I_1G9p0
https://www.youtube.com/watch?v=n-SpuCClgfg
https://www.youtube.com/@astro-spectro280/videos
4)
Erfahrungsbericht mit einem 60/750 Maksutov
5) Sol´Ex Bausatz, Herschelkeil, Fokusiereinheit und Maksutov
bei Astroshop.de:
https://www.astroshop.de/p,74101
https://www.astroshop.de/p,25157
https://www.astroshop.de/p,63166
https://www.astroshop.de/p,68862
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