Polarisation bei Sonnenfinsternissen


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Polarisation bei Sonnenfinsternissen

Himmelspolarisation während der Sonnenfinsternis am 1.8.2008

Vielen Menschen ist gar nicht bewußt das polarisiertes Licht ein allgegenwärtiges Phänomen in unserem Leben ist. Nicht nur reflektierende Flächen sondern auch der blaue Himmel über uns besitzt eine bevorzugte Schwingungsebene. Die Helligkeit des Taghimmels entsteht durch Streuung des Sonnenlichts an den Molekülen der Luft. Da Luftmoleküle relativ klein sind, wird kurzwelliges blaues Licht stärker gestreut als langwelliges rotes Licht. Deshalb ist unser Himmel blau. Wenn Licht gestreut wird ist dies häufig mit Polarisationseffekten verbunden. Die Polarisation des Taghimmels ist abhängig vom Sonnenabstand. Ein Maximum gibt es bei 90 Grad. Am besten läßt sich die Polarisation morgens oder abends beobachten, wenn die Sonne tief am Horizont steht. In Zenitnähe wird dann ein Maximum erreicht (1).
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Die Mittag zur Sommerzeit ist dagegen weniger geeignet. Die maximal polarisierten Gebiete liegen dann in Horizontnähe. Am Horizont wird jedoch das Licht stärker durch Staub und Wasserdampf beeinflußt.Auch reflektiertes Licht vom Erdboden spielt eine abschwächende Rolle. Wassertröpfchen und Staub sind zu groß und zu inhomogen um eine starke Polarisation zu verursachen. Der Polarisationseffekt ist daher weniger spürbar. Die Luftfeuchtigkeit hat einen direkten Einfluß auf die Stärke der Polarisation. Bei trockener und sauberer Luft kann der maximale Polarisationsgrad 60% übersteigen, während er bei starken Dunst deutlich schwächer ist. Das der Taghimmel polarisiert ist, wurde schon vor etwa 200 Jahren festgestellt. Die Polarisationänderung während einer totalen Sonnenfinsternis wurde jedoch erst in den 60er und 70er Jahren ein Thema für die Wissenschaft. Auf den ersten Blick scheint es auch wenig einleuchtend, dass sich während der Totalität die Polarisation ändern soll. Das die Lichtquelle schwächer wird, ändert ja nichts am Positionswinkel der Lichtquelle relativ zur Erdatmosphäre. Die Sonnenkorona selbst ist zwar stark polarisiert, doch ist diese Polarisation lokal unterschiedlich und hebt sich in der Summe weitgehend auf. Der Irrtum liegt darin, dass die Sonnenkorona als Hauptlichtquelle angenommen wird. Tatsächlich wird die Resthelligkeit des Himmels während der Totalität durch das vom Rand des Schattenkegels kommende Streulicht dominiert. Während der Totalität sind die unbeschatteten Regionen am Horizont als ockerfarbener Streifen zu sehen. Je nach Breite des Schattenkegels erreicht der Lichtstreifen eine Höhe von ca. 10 bis 20 Grad. Oberhalb von 20 Grad wird der Himmel deutlich dunkler und bekommt wieder eine bläuliche Farbe. Die Messungen der 60er Jahre haben ergeben, dass während der Totalität die Polarisation in Horizontnähe etwa 20% beträgt, während sie im Zenit auf 0 sinken kann (2). Die geringe Zenitpolarisation ist leicht erklärbar. Im Abstand von 90 Grad gibt es aus der Sicht des Zenits nicht nur eine Lichtquelle, sondern viele Quellen in Form eines umlaufenden Streifens. Im Zenit überlagern sich die vom Horizont ausgehenden Polarisationseffekte und heben sich auf. Bei einer Polarisations-Messung über 180 Grad vom Horizont über den Zenit zum Horizont, beschreibt die resultierende Kurve auf der Zentrallinie zur Mitfinsternis eine nahezu symmetrische Glockenfunktion.
Die Stärke und Verteilung der Polarisation schwankt mit den Rahmenbedingungen der Finsternis. Die Breite des Schattenkegels, der Gehalt an Aerosolen und Restbewölkung sind ein wichtige Einflußfaktoren. Auch der Sonnenstand hat einen Einfluß. In der Literatur finden sich Studien zu etwa ein Dutzend unterschiedlicher Sonnenfinsternisse. Die Meßwerte schwanken teilweise um mehr als 50%!
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Die Sonnenfinsternis vom 1.8.2008 sollte nach den Wetterprognosen am Rande der chinesischen Wüste Taklamakan bestens zu beobachten sein. Die Wahrscheinlichkeit für einen wolkenfreien Himmel sollte dort 70% betragen. Das Städtchen Yiwu, an der Grenze zwischen China und der Mongolei, war daher Ziel vieler Eclipse-Jäger.
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Leider war der Himmel entgegen den Prognosen mit einigen Stör-Wolken versehen. Die Messungen wurde wegen der gut verteilten Lücken jedoch nur unwesentlich beeinträchtigt.

Geometrisch waren dort die Bedingungen für Polarisationsexperimente besonders günstig. Die Sonne sollte in Yiwu während der Totalität nur etwa 20 Grad Höhe erreichen. Vor und nach der Finsternis sollte daher in Zenitnähe die Polarisation fast maximal sein. Während der Finsternis sollten sich die Verhältnisse komplett umkehren und im Zenit die Werte dramatisch zurück gehen.
Für die Messung wurde eine einfache Digitalkamera mit Weitwinkelvorsatz verwendet. Es waren 4 Fotos mit jeweils 45 Grad gedrehten linearen Polfilter geplant. Die Belichtungszeit wurde auf 1/6 Sekunde bei 100 ASA eingestellt. Leider erwies sich diese Belichtungszeit als viel zu gering. Die Finsternis war sehr dunkel. Vor der Finsternis wäre 1/250 sek bei f/8 passend gewesen. Während der Totalität hätte der optimale Wert etwa 2 Sekunden bei f/2 betragen. Der Helligkeitsunterschied im Zenit lag bei fast 10 mag! Die Fotos waren extrem unterbelichtet und die Meßwerte lagen nur marginal über der Rauschschwelle. Erst durch eine heftige Bildbearbeitung war noch etwas zu retten. Dadurch das mit einem starken Weichzeichner die Werte mehrere Pixelfelder gemittelt wurden, ließ sich das Signal-zu-Rauschverhältnis soweit verbessern, dass einige qualitative Aussagen gemacht werden können.
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4 Bilder mit gedrehten Polfilter während und vor der Totalität

Wie nach den Modellen zu erwarten war, sank der Polarisationsgrad in Zenitnähe drastisch herab. Die theoretisch vorhandene Restpolarisation des Koronastreulichts lag unterhalb der Meßgenauigkeit.

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Die Umkehrung der Polarisations-Verhältnisse ist gut zu erkennen


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Auf diesem Bild ist der Zenit als Region mit der stärksten Polarisationsänderung markiert

Das vom Horizont kommende Restlicht ist in seiner bevorzugten Schwingungsebene 90 Grad gegen die Sonnenrichtung orientiert. Da die Kamera nur ein Gesichtsfeld von 130 Grad besitzt, wurde sie etwas Richtung Nordwesthorizont gekippt. Daher ist die Polarisation auf den Bildern nicht rotationssymetrisch und der Zenit außermittig versetzt. Der untere Gesichtsfeldrand liegt etwa 10 Grad über dem Westhorizont. Der obere Gesichtsfeldrand endet etwa 40 Grad über dem Osthorizont. Dennoch läßt sich gut ableiten, dass die bevorzugten Schwingungsebene in allen Himmelsrichtungen die gleiche Orientierung besitzt. Außerhalb des Schattenkegels erfolgt die Polarisation weiter durch Streuung des Lichtes an den Molekülen der Atmosphäre. Der einheitliche Polarisationswinkel ergibt sich dadurch, dass für alle Gebiete außerhalb des Schattenkegels die Richtung der Sonne gleich ist.
Das die eher rötliche Horizonthelligkeit überhaupt polarisiert ist liegt daran, dass die Luftmoleküle nicht nur blaues sondern auch rotes Licht streuen. Allerdings werden kurze Wellenlängen eher gestreut als lange Wellenlängen. Bis auch die Rotanteile ausgestreut werden ist daher eine größere Menge Luft zu durchqueren. Die Intensität des Himmelsblaus ist direkt abhängig von der Menge Luft die vom Licht durchquert wird. Deshalb ist das Blau im Hochgebirge etwas intensiver. Aus dem gleichen Grund nimmt selbst bei Idealbedingungen das Blau zum Horizont ab. Der Sehstrahl zum Horizont durchläuft eine deutlich größere Luftmenge. Dadurch überlagern sich die Streuungen der unterschiedlichen Frequenzen zu einer weißlichen Mischung (3). Während einer totalen Sonnenfinsternis kommt jedoch nur noch horizontnahes Streulicht aus großer Entfernung in den Schattenkegel. Dadurch ergibt sich automatisch die rötliche Färbung.
In den letzten 40 Jahren gab es mehrere Versuche den Intensitätsverlauf mathematisch exakt zu beschreiben (4). Leider gibt es bis Heute noch nicht so ein avanciertes Model für die Polarisation. Wie man aber aus einfachen Modellierungen sehen kann (2), ergibt sich der Schlüssel zum Beweis der Modelle aus der Untersuchung der Polarisationsverteilung bei unterschiedlichen Wellenlängen. Bei den unterbelichteten Fotos aus Yiwu waren quantitative Messungen in den RGB-Kanälen leider unmöglich. Zum Glück gibt es im nächsten Jahr eine Chance die Messungen zu wiederholen. Am 22.07.2009 wird er Schattenpfad des Mondes erneut China überstreichen. Die gut erreichbare Wirschaftmetropole Schanghai wird dabei am Vormittag für etwa 5 min verfinstert werden.


Literturtipps:

1) A. Wilkie: An Analytical Model for Skylight Polarisation http://www.cg.tuwien.ac.at/research/publications/2004/Wilkie-2004-AMS/Wilkie-2004-AMS-.pdf

2) Können, G. P.: Skylight polarization during a total solar eclipse: a quantitative model. . J. Opt. Soc Am A4, 601-608 (1987); see also
http://www.guntherkonnen.com/downloads/1987_eclipsesky_JOSAA.pdf

3) M. Vollmer: über die Farben der Sonne und des Himmels: Rayleigh- und Miestreuung in der Atmosphäre Physikalische Ingenieurwissenschaften, Fachhochschule Brandenburg http://www.didaktik.physik.uni-essen.de/heraeus_2005/DVD/Vollmer/Streuung_cd_rom.pdf

4) C. Emde und B. Mayer: Simulation of solar radiation during a total eclipse: a challenge ... http://hal.archives-ouvertes.fr/docs/00/29/62/13/PDF/acp-7-2259-2007.pdf

5) Glenn E. Shaw: Sky Brightness and Polarization During the 1973 African Eclipse

6) I. Pomozi: Fine structure of the celestial polarization pattern and its temporal change during the total solar eclipse of 11 August 1999 http://eos.wdcb.ru/transl/izva/9404/pap07.ps


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