Sonnenfinsternis 2019 V - La Silla


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Der Schattenpfad der Sonnenfinsternis vom 2.7.2019 lief über den Süden Südamerikas Dort berührte kurz vor Sonnenuntergang der Schatten die Länder Chile und Argentinien. In Chile stand die Sonne etwas höher und der Süden der Atacama-Wüste hatte die besten Wetterchancen.

Der Pfad lief gerade über die Grenze zwischen dem nördlichen Wüstenklima und dem mediterranen Süden, so das sich am Nordrand die besten Wetterchancen ergaben. 

Im Gebiet um das Observatorium LaSilla sollte mit 70% die Sonne scheinen. Exakt auf der Zentrallinie nahe dem Observatorium Cerro Tololo lag die Chance nur bei 50:50. Wir entschlossen uns daher eine etwas kürzere Finsternis im Kauf zu nehmen und uns an den Nordrand zu bewegen. Für La Silla waren 1 min und 45s Totalität vorhergesagt. Am Finsternistag herrschte im gesamten Schattengebiet bestes Wetter, dennoch war LaSilla ideal weil es auf dem Bergmassiv eine sehr transparente Luft und einen perfekten Rundumblick gab. Bei horizontnahen Finsternissen ist der Rundumblick besonders interessant, da sich auch auf der Rückseite interessante Phänomene abspielen. Der durch die Projektion langezogene Schatten erscheint wie ein Schiffsrumpf und zieht sich auf beiden Seiten zusammen. Wir starteten um 5 Uhr in LaSerena und waren vor 8 Uhr am Ziel. Der Verkehr war innerhalb der Schattenzone noch erträglich. Es gab zu dieser Zeit noch keine Staus obwohl bis zu 1 Mio. Besucher erwartet wurden.

Ab 8 Uhr öffneten sich in La Silla die Tore. Wir standen relativ weit vorn in der Schlange und wurden früh abgefertigt.

Jeder registrierte Besucher erhielt eine Wasserflasche und Sonnencreme. Nicht registrierte Besucher wurden nicht eingelassen. 

Insgesamt sollen etwa 1000 Besucher auf dem Berg gewesen sein. Die Zahl der Karten war knapp und limitiert. 600 hatten ihre Karten schon 2 Jahre vor der Finsternis im Internet bestellt. Auch unsere Gruppe wusste daher schon 2 Jahre zuvor, wo sie am 2.7.2019 sein würde.

Auf dem Berg war für Unterhaltung gesorgt. Eine recht gute Live-Band gab ein Konzert, ein großes Zelt diente als Kantine und ausreichend Dixi-Klos waren auch vorhanden. 

Jeder Besucher hatte ein Armband mit dem ihm 3 Getränke und ein Snack-Beutel zustanden.

Im ´Kantinen-Zelt´ standen Heizpilze die jedoch nicht benötigt wurden. Die Temperaturen waren angenehm mild. Mit dem untypischen warmen Wetter hatte niemand gerechnet. Frost und eisiger Wind wären um die Zeit nicht ungewöhnlich gewesen.  

Da wir früh am Ort waren konnte der Aufbau der Geräte ganz in Ruhe erfolgen. Wir wählten als Standort eine kleine Bucht neben der Straße. Von dort aus sollte die Sonne direkt über den Observatorien stehen.

 

Die Rollkoffer wurden am Beobachtungsplatz abgeladen und zunächst einmal das Gelände besichtigt. Leider waren nicht alle Teleskope zugänglich. Besichtigt werden konnte nur das ESO 3,6 m Teleskop. Es ist das größte Gerät auf dem Berg und das einzige das heute noch im Einsatz ist. Das ESO-3,6-m-Teleskop hat einen 3,57-m-Spiegel in einer klassischen äquatorialen Gabelmontierung. Es befindet sich in 2375m am höchsten Punkt des Observatoriums. 


Erbaut im Jahr 1976, war es ab 1977 voll betriebsbereit. Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts war es mit seinen knapp 3,6 m Spiegeldurchmesser und einer Spiegelfläche von 8,6 m2 eines der größten optischen Teleskope der Welt. Es wurde in den 1980er Jahren mit einem der ersten adaptiven Optiksysteme aufgerüstet. Für die der adaptiven Optik zugrundeliegenden Piezotechnik gab es einen Nobelpreis. 

Ab dem Jahr 2009 war das Teleskop dann wesentlich an der Entdeckung von 75 möglichen Exoplaneten beteiligt. dafür wird es mit dem Instrument ´HARPS´ bis heute verwendet.
Bei der Führung wurde die Kuppel geöffnet und das Gerät auf allen Achsen bewegt. Etwa 30 min dauerten die Erklärungen. Dann ging es wieder hinab zum eigentlichen Beobachtungscamp.

Der Metallfußboden ist eigentlich eine große Klappe durch die der Spiegel für Neubeschichtungen herabgelassen werden kann.

In den Gründungsjahren wurde auf LaSilla noch mit Fotoplatten gearbeitet, daher war im Aufzug noch Rotlicht installiert.

Über die Entwicklung von der Fotoplatte zum CCD-Chip berichtet ein kleines Museum das ebenfalls besichtigt wurde. Im Museum gab es ein großes Wandfoto von La-Silla in der Abendsonne. Spätestens jetzt war klar wo die Sonne zur Finsternis stehen würde. Das Foto zeigte einige Wolken. Zum Glück war der Himmel am Finsternistag komplett frei. 

Wir hatten Zeit genug und konnten stressfrei unsere Instrumente aufbauen. Neben einer Actioncam mit 120 Grad Gesichtsfeld hatte ich eine 360-Grad-Kamera und 2 Teleobjektive im Einsatz.

Die beiden kleinen Kameras zeigten sehr schön das vorbeiziehen des Mondschattens. Visuell waren die Farben noch viel knalliger als auf den Bildern. Die große Höhe zahlte sich aus. Der Horizont hatte kräftige Gelb-, Rot- und Ockertöne. Der restliche Himmel war tief blau. Das herannahen des Mondschattens war im Tal gut sichtbar.

Die Atmosphäre in der Höhe war so extrem rein und trocken wie nie zuvor, das Farbenspiel auf den Bergen und über den Gipfeln bis hoch zum Zenit so extrem, dass es die Schwarze Sonne erstmalig “in den Schatten” stellte, zudem der Mondschatten in Zeitlupe kam, da wir extrem weit sehen konnten! Die Venus war schon vor der Totalität leicht zu erkennen. Sie stand prägnant links unterhalb der Sonne. Weitere Sterne und der Merkur wurden nicht gesichtet aber auch nicht gesondert gesucht. Die Rotation um 360 Grad zeigte auch die Rückseite des Mondschattens. Die Keilform des Schattens war auf der sonnenabgewandten Seite nicht besonders ausgeprägt. Bei der noch niedrigeren Sofi auf den Färöer-Inseln war da mehr zu sehen. Visuell wurde die Sonne mit einem 8-fach Fernglas beobachtet. Es gab 2 auffällige etwa gleichgroße Streamer rechts oberhalb und links unterhalb der Sonne. Sie waren sehr zart und nicht sehr hell. Der Durchmesser der Streamer lag bei etwa 2 Sonnenradien. Die Polstrahlen waren bei 8-fach in der freien Hand zwar sichtbar aber schlecht aufzulösen. Die Korona war unmittelbar am Sonnenrand sehr hell und verhinderte zunächst den Blick auf die Protuberanzen. Ab der Totlitätsmitte war eine kleine, helle, fast weißliche Protuberanz am unteren Sonnenrand zu erkennen. Was dann folgte war eine ungewöhnlich lang sichtbare knallig rote Chromosphäre. 


Durch die Randlage war die Chromosphäre extrem breit und weitläufig und schien mehr als 30% des Sonnenrands einzunehmen. Sie glühte in rot-pinkfarben und wurde zuvor noch nicht derart intensiv gesehen.

Im Fernglas war das Rot sehr ausgeprägt und auch ohne Fernglas als roter Bogen am rechten unteren Sonnenrand eine auffällige Erscheinung. Hier dürfte sich ausgezahlt haben das unser Standort am Nordrand des Schattenpfades lag. Der Mond rollte sich dadurch langsamer über den Sonnenrand ab. Zum Ende der Finsternis gab es einen lang sichtbaren einzelnen Diamanten. Das Fernglas wurde früh abgesetzt. Mit freien Auge war kein auffälliger Diamantring zu sehen. Nach der Finsternis war die Euphorie groß. Das Abziehen des Mondschattens war dadurch schwerer zu verfolgen als sein Herannahen. Auf den Fotos ist zu sehen das der Schatten noch über der Sonne steht als der Diamantring schon sichtbar ist. Auch hier dürfte ein Effekt durch die Randlage unseres Beobachtungsortes vorliegen. Währen La-Silla schon wieder im Licht lag, befand sich die Zentrallinie noch im Schatten. Die beiden Teleobjektive wurden per Software gesteuert. Bei keiner Finsternis zuvor konnte ich visuell so frei beobachten und soviel sehen. Dadurch war die Sofi 2019 ein besonderes Erlebnis. Leider funktionierte die Steuersoftware der Teleobjektiv-Kameras nicht so wie geplant. Doch das ist nur ein kleiner Dämpfer, denn anders als bei früheren Finsternissen hatte ich keine speziell definierten Ziele. Neben mir stand Sebastian Voltmer und seine Kameras haben reibungslos funktioniert. Die Beobachtung ist daher bestens dokumentiert. 

Kurz nach dem Ende der partiellen Phase ging die Sonne unter. Wir genossen den Sonnenuntergang und blieben bis in die Nacht.

Die überregionale Presse berichtete am nächsten Tag von La Silla. Der Standort war offenbar von besonderen Interesse weil Erwin Raup, der chilenische Präsident und ich dort anwesend gewesen sind. (Danke an Peter Slansky für den Zeitungsausschnitt!)

Die eigenen Aufnahmen und Messungen folgen auf den nächsten Seiten!



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