Sonnenfinsternis 2019 VIII - Von Huasco zum Paranal
Von Huasco aus fuhren wir weiter zum Paranal um
im Schatten des VLT eine Beobachtungsnacht einzulegen. Die
Straße verlief an der Küste entlang.
Das Klima ist hier vom Meer bestimmt und Sommer wie Winters sehr
konstant. Wir hielten an einem als Naturreservat ausgewiesenen Strand
um
uns etwas die Beine zu vertreten.
Am Strand gab es allerlei fremdartige Kleinstlebewesen die sich von wild umherspringenden Sandflöhen ernährten.
Auch für Wasservögel war dort der Tisch reich gedeckt. Auf den Felsen waren zahlreiche Kormorane zu sehen.
In den Felsen sahen wir einige Eidechsen die aus der Ferne wie Skorpione aussahen. Sie waren schwierig zu fotografieren, denn als wir uns näherten huschten sie davon.
Ein toter Hund lag auf der Straße. Er lag da schon länger, denn sein übler Geruch hatte einige Truthahngeier angelocktAn der Küste gibt es häufig Wolken, doch nur wenige Kilometer entfernt wechselt das Klima. Der Paranal ist ein 2644m hoher Berg der nur etwa 15km von der Küste entfernt ist. Hier scheint an 350 Tagen im Jahr die Sonne.
Die Lichtverschmutzungskarte unter https://www.lightpollutionmap.info/ gibt für die Region des VLT eine SQM-Helligkeit von 22 mag an. Dieser Wert wurde von uns nachgemessen und konnte exakt bestätigt werden.
Auf
dem planierten Gipfelplateau steht das VLT mit seinen vier 8,2m
Teleskopen.
Das VLT gilt als die produktivste Sternwarte der Welt. Die 4
Großteleskope
können sowohl parallel als auch einzeln betrieben
werden.
Bei Bedarf lassen sich die Geräte zu einem Interferometer
zusammenschalten.
Das Eingangstor ist nur 2 Kilometer Luftlinie vom Instrument entfernt.
Direkt am Tor gibt es einen Parkplatz auf dem sich mehrere
Amateurastronomen tummelten. Da wir recht spät angekommen
sind,
wollten
wir mit dem Aufbau der Instrumente niemanden stören. Deshalb
setzen wir ein paar Hundert Meter zurück und fanden einen
besseren Platz der sehr ruhig im Windschatten einer kleinen
Anhöhe lag.
Anders als am Tor war es hier nicht so zugig und perfekt
windstill.
In
der 2 Nachthälfte begannen die Teleskope mit ihrer Arbeit.
Sie bewegten sich unabhängig voneinander, hatten also in
dieser Nacht
getrennte Beobachtungsprogramme. Eines der Geräte arbeitete
mit
einem künstlichen Laserstern. Adaptive Optik ist eine Technik
zur Kompensation der Unschärfe, die durch die
Erdatmosphäre verursacht wird und ein großes Problem
aller bodengebundenen Teleskope darstellt. Dies wird auch als Seeing
bezeichnet: Turbulenzen in der Atmosphäre lassen die Sterne
schon mit bloßem Auge funkeln. Bei großen
Teleskopen führt dies zu unscharfen Himmelsaufnahmen. Das
Licht von Sternen und Galaxien wird verzerrt, wenn es die Schutzschicht
unseres Heimatplaneten durchdringt, und Astronomen müssen
intelligente Technologien einsetzen, um die Bildqualität
künstlich zu verbessern.
Um die Beseitigung des Seeing zu erreichen, sind vier starke Laser an
UT4 befestigt, die Strahlen aus intensivem orangefarbenem Licht mit
einem Durchmesser von 30 Zentimetern an den Himmel projizieren, die
Natriumatome 90 km hoch in der Atmosphäre stimulieren und
künstliche Laserleitsterne erzeugen. Systeme Adaptiver Optik
nutzen das Licht dieser künstlichen "Sterne", um die
Turbulenzen in der Atmosphäre zu ermitteln und Tausend Mal pro
Sekunde entsprechende Korrekturen zu berechnen, wobei der
dünne, verformbare Sekundärspiegel von UT4 seine Form
ständig verändert und so das verzerrte Licht
korrigiert.
Das
Laserlicht wird durch
Rayleigh-Streuung an Molekülen und
Aerosolen in den unteren 10–20 km der Atmosphäre
zurückgestreut. Dadurch entsteht zunächst eine
Lichtsäule.
In der Stratosphäre lässt die Streuung nach
und die
Säule wird unsichtbar. Erst in 90km Höhe wird wieder
ein Lichtfleck sichtbar.
Die vertikale Ausdehnung der Natriumschicht beträgt nur etwa 5
km; darunter ist Natrium meist chemisch gebunden, am
häufigsten als Natriumoxid, darüber ist das Natrium
ionisiert. Durch die geringe vertikale Ausdehnung ist der Fleck relativ
scharf begrenzt,
bildet aber von der Seite betrachtet eine kleine Ellipse.
Aus der Form der Ellipse lässt sich die Dicke der
Natriumschicht errechnen.
Die Position des Lichtflecks ist bei seitlicher Betrachtung nicht
identisch mit dem beobachteten Objekt. Wenn jedoch die Höhe
der Natriumschicht bekannt ist sowie die Position des VLT und die
Position des Beobachters lässt sich der Beobachtungsort am
Himmel errechnen.
Die Nacht am VLT verlief recht produktiv. Es wurden 3 Feuerkugeln gesichtet. Um 0:59 chilenischer Zeit zog eine davon direkt über das VLT. Einige Hundert Kilometer südlich dürfte sie im Zenit eine beeindruckende Erscheinung gewesen sein.
Ein weiterer heller Meteor zog 31 min später durch den Zenit.
Fotografiert wurden Startrails mit einem 6,5 Fisheye und einem 18mm Weitwinkel. Aus den Einzelbildern wurde auch ein Video erstellt:
Der Laser des VLT wurde in der Nacht 6 mal an und ausgeschaltet. Dabei wurden offenbar 2 unterschiedliche Objekte beobachtet. Die Belichtungszeiten waren bei 1, 3 und 5 recht kurz. Die anderen Serien waren länger.Auch
ein 135mm Tele und ein 180mm Tele
wurden eingesetzt.
Dennoch war die Fotografie nicht das Hauptziel dieser Nacht.
Visuell wurde mit dem 8 Zoll Reisedobson beobachtet.
Auf der Zielliste standen nicht nur Standardobjekte. U.a. wurde IC4628
angepeilt.
IC4628 ist ein Nebel in den südlichsten Regionen des Skorpion.
Im München kommt er theoretisch 2 Grad über den
Horizont
ist aber in der Praxis nicht zu sehen. Er ist auf der
südlichen
Halbkugel ein visuell reizvolles Objekt. Er steht im stark gestreuten
offenen Sternhaufen Trümper 24
in dem man das Muster eines Pfeils erkennen kann.
Nur jeweils 1 Grad nördlich und südlich stehen
die offenen Sternhaufen NGC6242 und NGC6231.
Die Region hat also im Fernrohr einiges zu bieten.
IC4628 ist im 8-Zöller+UHC sofort zu sehen.
Er hat etwa die Form eines Häuschens. Die Nebelteile die an
der Stelle des Dachs liegen sind schwächer. Etwas abseits gibt
es nordöstlich einen weiteren Nebelfleck
über einem schwachen Nebelstreif mit dem Hauptnebel verbunden
scheint.
Die Nebelstrukturen sind auf einem Foto recht gut nachvollziehbar.
Parallel zur Beobachtung wurde mit einen Teleobjektiv fotografiert.
Die Region um den Kugelsternhaufen NGC6723 mit den Reflektionsnebeln NGC6729 und IC4812 ist eines der Caldwell-Objekte und zählt zu den schönsten Regionen des Südhimmels. NGC6723 erschien im 8-Zöller bei 160x gut aufgelöst. Im Umfeld des Kugelsternhaufens gab es auffällig viele Sterne während es im Umfeld der beiden Reflektionsnebel deutlich weniger Feldsterne gibt. Zwischen den Objekten liegt die Grenze einer Dunkelwolke die sich gut abhebt. In beiden Reflektionsnebeln gibt es einen Doppelstern.
Die sehr schwachen V-förmigen Nebelstrukturen auf der rechten Seite waren eine Überraschung. Nachträglich waren sie auf Fotos im Ansatz nachvollziehbar. Visuelle Sichtungen sind von dieser Struktur sonst nicht bekannt.
Südöstlich von NGC6726 steht der kometarische Nebel NGC6729. Bei höher Vergrößerung erschien er 3-eckig mit einem Sternchen an der Spitze. Östlich lag im Nebel eine kleine Aufhellung die nochmal von einem sehr schwachen Stern gefolgt wurde, dessen Sichtung grenzwertig war.
Den veränderlichen Nebel hatte ich 1999 und 2010 schon mal untersucht. Damals wurde er auch fotografiert.
Parallel wurde auch mit einem 180mm Teleobjektiv fotografiert. Diese Brennweite ist für Details in den Nebeln zu gering, allerdings sind dafür die umliegenden Dunkelwolken gut zu erkennen. Der Kugelsternhaufen ist trotz der geringen Bremmweite schon gut aufgelöst.
Der
Katzenpfotennebel ist ein fotografisch prominenter
Wasserstoffnebel im
Skorpion. Visuell ist deutlich unauffälliger. Bei 71-fach war
im 8 Zoll Dobson
mit UHC eine Gruppe von 3 Nebeln um 3 schwachen Sternen zu erkennen.
Der 4. Nebel lag um einen sehr schwachen Stern.
Im Umfeld waren weitere Nebel nur zu erahnen.
Ähnlich
hell wie der
Katzenpfotennebel erscheint auf den Fotos
der
benachbarte Krabbennebel NGC6357. Dieser Wasserstoffnebel
war im Teleskop unsichtbar. Im Zielgebiet wurde neben einer Sternkette
lediglich ein kleines schwaches Nebelchen gesichtet.
Die Position passt nach späterer Kontrolle zu einem helleren
Nebelfleck
der auch auf Fotos zu sehen ist.
Für
die große
Magellansche Wolke (LMC) stand einiges
auf dem Programm.
So sollte eine Ziel-Liste mit den dort sichtbaren Kugelsternhaufen
durchgearbeitet
werden. Die LMC war jedoch erst in den Morgenstunden hoch genug am
Himmel.
Zu der Zeit war die Müdigkeit schon groß
und die Dämmerung nicht mehr fern. In so einer Situation ist
es schwer sich mit anspruchsvollen Objekten zu quälen. Zudem
kann man in den
Magellansche Wolken auch ohne Programm endlos spazieren-sehen ohne das
es langweilig wird.
Ein Feld mit offenen Sternhaufen in der LMC wurde aber genauer
untersucht.
Gesichtet und gezeichnet wurden NGC2010, NGC2018, NGC2031, NGC2056 und
NGC2075.
Die Sternhaufen liegen alle zwischen der 10 und 12 Magnitude.
NGC2018 erscheint auf dem Screenshot der Software HNS deutlich
gestreut.
Dies war auch visuell sichtbar. NGC2018 wirkte
angelöst.
Die Animation ist ein Ausschnitt aus diesem Foto mit einem 180mm Teleobjektiv.
Der
Trifidnebel zeigte im Teleskop einen klaren Farbkontrast der von
Sebastian bestätigt werden konnte. Der Lagunennebel erschien
reich strukturiert und
war bei 110x mit UHC am besten.
Als Dunkelwolke wurde der bekannte Snake-Nebel am Kopf des
Pfeifennebels eingestellt.
In Namibia war der Snake im 15x70 nicht sichtbar. Am 8 Zoll Dobson war
er in Chile zumindest teilweise gut zu erkennen. Prägnant war
eine dunkle Schlaufe, die einem etwas helleren Stern vorgelagert war.
Nicht gesehen wurde der Komet C/2017 T2 (PANSTARRS) Er sollte sich am 4./5.7.2019 durch die Hyaden bewegen. Der offene Sternhaufen stand kurz zu Dämmerungsbeginn etwa 15 Grad hoch über dem Nordosthorizont. Bei dem dunklen Himmel am Paranal hätte eigentlich jedes Objekt bis 12 mag locker aufspürbar sein sollen, doch es war nichts zu entdecken. Für Mai 2020 ist bei diesem Kometen eine Sichtbarkeit mit freien Auge möglich. Warscheinlicher ist jedoch, dass er sich nur zu einem Fernglasobjekt entwickelt.
Visuell wurde der Komet nicht gefunden. Aber auf dem Foto ließ sich seine Position in den Hyaden nachhinein rekonstruieren.
An der richtigen Position fand sich ein schwaches Wölkchen dass auf dem Vergleichsbild des POSS-I nicht zu sehen ist. Die Helligkeit des Kometen ließ sich anhand von Vergleichsternen auf 13 mag bestimmen.
Währen der Kometenaufnahme zog ein ungewöhnklich chaotisch taumelnder Satellit durch das Gesichtsfeld
Ein weiteres Foto, das in dieser Nacht entstanden ist, zeigt die Kleine Magellansche Wolke (SMC).
Das Seeing war recht gut und innerhalb der SMC sind zahlreiche Deepskyobjekte zu erkennen. I.d.R. handelt es sich um offene Sternhaufen. NGC346 ist jedoch als Galaktischer Gasnebel und NGC330 als Kugelsternhaufen bekannt.
NGC362 ist ein Kugelsternhaufen unserer eigenen Galaxie der nur zufällig in der Nähe der SMC steht. Während der viel größere 47Tuc außerhalb des Bildfeldes steht, ist der kleinere NGC362 schon gut aufgelöst zu sehen.
Die
Nacht am VLT
hatte am frühen
Abend einen relativ starken
Airglow.
Er erschien leicht bräunlich. Die Sichtung dieser Farbe konnte
von Sebastian
bestätigt werden. Im Laufe der nacht ließ
der Airglow
nach und es wurde immer dunkler.
In den
Morgenstunden wurden für ein paar Stunden die Augen
zugemacht.
Gegen 10 Uhr gab es dann das übliche
Beobachterfrühstück aus Cola und Schokolade.
Vor dem Einladen der Ausrüstung gab es noch ein paar
Schnappschüsse
von unserer Ausrüstung mit dem VLT
im Hintergrund.
Der Versuch das Observatorium zu besichtigen war leider zum Scheitern verurteilt. Die Torwache bedauerte sehr uns nicht durchlassen zu können. Offizielle Besichtigungen sind leider nur nach Voranmeldung am Samstag möglich.