Sonnenfinsternis 2006
Sofi im Land der Pharaonen (5)
Sonnenfinsternis am 29.3.2006
Auf der Fahrt zum Camp überholten wir das Auto in dem unser Bettzeug transportiert wurde.
Am vierten Tag der Reise war es endlich soweit. Das langersehnte Ereignis sollte endlich stattfinden.
Schon 5 Tage zuvor hatten die Wettersimulationen unter www.astrowetter.de
für die nordafrikanische Küste beste Prognosen geliefert. Trotzdem wanderte in den Tagen zuvor der Blick
oft sorgenvoll zum Himmel.
Das Wetter zur Finsternis. Über der Wüste war alles wolkenfrei. Über der Arabischen Halbinsel
sind noch die Reste der Wolken zu sehen, die uns 2 Tage zuvor Sorgen bereitet hatten.
Nur 48 Stunden zuvor war der Himmel in Alexandria
noch komplett bedeckt und es hatte geregnet. Auch noch auf der Fahrt nach
El Sallum waren größere Wolkenfelder zu sehen, die sich erst in der Nacht
auflösten und durch einen dichten Nebel ersetzt wurden. Der Nebel lichtete
sich erst spät am Finsternismorgen, so dass zunächst noch eine Flucht in das
Hinterland erwogen wurde. Doch eine Stunde vor Beginn waren die letzten Fetzen
verschwunden und nur noch ein strahlend blauer Himmel zu sehen.
Am Morgen der Finsternis ein Schock. Nebel behinderte die Sicht.
Zwei Stunden vor der Finsternis war der Nebel fast vollständig verschwunden.
Auch die gelben Fahnen der am weitesten entfernten Toilettencontainer waren wieder einwandfrei zu sehen.
Die Transparenz
war extrem gut. Neben der abgedeckten Sonne begann direkt der blaue Himmelshintergrund.
Rundherum war nicht das kleinste Wölkchen zu entdecken. Es wehte nur ein leichter Wind,
der im Laufe der Finsternis weiter abnahm und am Ende fast ganz verschwunden war.
Das Seeing war exzellent. Die zentrale Sonnenscheibe war zwar fleckenlos, doch am Rande
gab es eine mittelgroße Gruppe die schöne Strukturen zeigte. Der erste Kontakt erfolgte an
der fleckenlosen Seite, so dass die Gruppe bis kurz vor der Totalität beobachtet werden konnte.
Etwa 20 min vor dem zweiten Kontakt wurde das Licht deutlich fahler. Der Himmel wurde dunkelblau,
der gelbe Wüstensand bekam einen Ockerfarbton und die Schatten wurden deutlich schärfer. Etwa
40 Grad westlich der Sonne wurde die Venus sichtbar.
Wenige Minuten vor der Totalität wurde die Venus sichtbar. Sie ist oben links markiert.
Die randnahe Fleckengruppe schien die Entstehung
von Protuberanzen zu begünstigen. Die größten Exemplare waren kurz nach dem zweiten Kontakt zu sehen.
Die Korona selbst erschien deutlich kleiner als 1999. Mit der Fingerprobe wurde sie auf etwa
2/3 Sonnendurchmesser geschätzt.
Zweiter Kontakt, die Totalität beginnt.
Dritter Kontakt, die Totalität endet.
Zweiter und Dritter Kontakt im 80´er ED-Refraktor.
Durch ein maßstabsgerechtes Einkopieren der Sonnenscheibe wird der Unterschied
im Durchmesser deutlich.
Die Korona hatte einen sehr hellen inneren Rand. In den
Außenbereichen waren etwa ein halbes Dutzend schwacher Streamer zu erkennen. Wirklich
umwerfend war der Blick durch das Teleskop. Im 60mm Refraktor waren bei 25-facher Vergrößerung
im Norden und Süden büschelweise Polstrahlen zu sehen. Die Protuberanzen erschienen als blendend helle,
rosa Funken. Ein rascher Wechsel zum 10 Zoll Teleskop zeigte bei höherer Vergrößerung weitere Details.
In den Protuberanzen waren sehr feine Strukturen zu erkennen. Die Perlschnur war auf beiden Mondseiten
wenig ausgeprägt. Dies lag wohl an der relativ großen Mondscheibe die diesmal 4 min Finsternis ermöglichte.
Vor und nach der Finsternis waren für einige Sekunden auch fliegende Schatten zu sehen. Die Intensität der
fliegenden Schatten ist regional unterschiedlich. In Ägypten schienen sie wegen der sehr ruhigen Luft und
der leichten laminaren Strömung vom nahen Mittelmeer weniger ausgeprägt zu sein als in Ungarn 1999.
Fliegende Schatten waren zwar sichtbar, doch der Versuch sie zu fotografieren ist gescheitert.
Strukturvergleich zwischen der Maximumskorona von 1999 und der Minimumskorona von 2006.
Die Korona von 2006 ist wesentlich schwächer, regelmäßiger und kleiner. Auffällig sind
die Polstrahlen die 1999 gefehlt haben.
Die
höheren Temperaturen in Zentral-Libyen führten wohl zu einer stärkeren vertikalen Konvektion, so das
Freunde dort von wesentlich deutlicheren Schatten berichteten.
In Ägypten gab es trotz 20000 Beobachter an der Unterbringung nichts auszusetzen. Für einige
Spätankömmlinge sollen zwar Matratzen und Schlafsäcke knapp geworden sein, doch wir hatten
keine Probleme. Die riesigen Zelte waren weiträumig mit Teppichen ausgelegt. Das Essen war
sehr ordentlich und auch die sanitären Anlagen waren ausreichend. Die Ägypter hatten jedoch
den Wasserbedarf der oft durchfallkranken Europäer unterschätzt, so dass schon nach wenigen
Stunden die Spülung nicht mehr funktionierte.
Das Camp lag auf einer Hochebene über der Stadt El-Sallum
Im Camp sollen etwa 20000 Menschen gewesen sein.
Die Unterbringung war gut. Die riesigen Zelte waren mit Teppichen ausgelegt
und Abends gab es ein warmes Buffet.
Aus Sicherheitsgründen wurden alle Sofi-Fans
in einem Lager konzentriert. Um das Lager herum gab es ein Absperrband. Etwa alle 20m war ein
Wachposten zu sehen. Seltsamerweise schauten die Soldaten nicht nach draußen sondern nach
drinnen, so dass man sich zeitweise doch etwas eingesperrt vorkam. Kurz vor der Finsternis war
noch zusätzlich Herren in dunklen Anzügen zu sehen. Fast glaubte man die Men in Black seien
bei der Alien-Jagd, doch es handelte sich um Geheimdienstler von Staatschef Mubarak dessen
Hubschrauber etwa eine Stunde vor Beginn im Camp landete.
Alle 20 Meter blickte ein Sicherheitsmann in das Camp
Vor der Finsternis hatte das Sicherheitspersonal noch Gelegenheit zu
einer Zigarettenpause.
Neben dem Militär war auch die Geheimpolizei anwesend. Sie trug dunkle Anzüge.
Etwa eine Stunde nach der Finsternis
flog der Staatschef wieder davon und es war nicht nur bei den Astronomen sondern auch beim Sicherheitspersonal
eine zunehmende Entspannung zu verspüren. Die Supersofi 2006 hatten alle glücklich überstanden und
so gab es allerorten strahlende Gesichter.
Sonnenfinsternis mit der Lochkamera
Wie schon bei der ringförmigen Sonnenfinsterns im
Oktober 2005 kam wieder eine Lochkamera zum Einsatz. Verwendet wurde dazu
ein Staubsaugerrohr. Diese Rohre haben einen astrokompartiblen 1,25 Zoll Innendurchmesser.
Tatsächlich gelang es trotz des winzigen Lochs
von 1mm und eines Projektionsabstandes von 1m bei einem Öffnungsverhältnis von 1:1000 in
weniger als 10 sek die Korona erfolgreich abzulichten.
Das obige Foto zeigt das eingesetzte Equipment. Einen 80´er ED-Refraktor und ein
Staubsaugerrohr als Lochkamera.
Auf diesen Bild von der ringförmigen Finsternis von 2005 ist die Lochkamera besser zu sehen.
Aus den Lochkamera-Bildern oben, konnte die untere Animation erstellt werden.
Der Vergleich mit einer zeitgleich am
Teleskop gewonnen Aufnahme zeigt, dass sich mit dem Photonenstaubsauger sogar lokale
Helligkeitsunterschiede nachweisen lassen.
Wenn man das unverfinsterte Sonnenbild auf die verfinsterte Sonnenscheibe projiziert,
kann man am schwarzen Rand tatsächlich erkennen, dass die Mondscheibe etwas größer ist als das Sonne.
Das die mit der Lochkamera fotografierten Koronastrukturen echt sind, zeigt
der Vergleich mit einer Aufnahme durch das Teleskop.
Im Zelt gab es eine natürliche Lochkamera. Durch Befestigungslöcher in der Zeltplane
wurden Sonnentaler auf die Teppiche projiziert.
Links der Anblick vor und rechts der Anblick nach der Finsternis.
Nach dem Event: Glückliche Finsternisbeobachter beim Interview
Unser Führer in der Wüste: Tarek Rabei
Wir danken für die exzellente Betreuung!