Selinunte
und Agrigent
I
Touristisch standen diesmal die antiken Städte im Südwesten der Insel auf dem Programm. Am ersten Tag wurde Selinunt besichtigt. Der Archäologische Park als der größte in Sizilien. Das liegt daran das der antiken Stadt im Kilometerabstand heilige Bezirke vorgelagert waren.
Die Stadt selbst befindet sich auf einem Felssporn am Meer. Die Tempelbezirke liegen auf den Nachbarhügeln. Zwischen den 3 Hauptzentren gibt es einen Shuttleservice.
Direkt am Eingang gibt es gleich den
größten und besterhaltenen griechischen Tempel von
Selinunt.
Er war wohl der Hera geweiht. Das wäre typisch für
den zweitgrößten Tempel am Platz.
Die äußere Säulenreihe ist komplett erhalten. Der Tempel wurde fertiggestellt. Die dorischen Säulen haben Kanneluren. Die Mauern im Innenbereich fehlen weitgehend, aber die Raumaufteilung ist noch gut zu erkennen.
Der Hera-Tempel ist ein Peripteraltempel
bei dem die Cella von einem durch einen Säulenkranz
(Peristasis) begrenzten Umgang (Pteron) umgeben ist.
Der Peripteros ist die bekannteste und am weitesten verbreitete Form
des griechischen Tempels.
Der Peripteros hat in der Regel sechs Säulen an Fronten und
Rückseiten. Die Anzahl der Säulen an den Langseiten
konnte hingegen stark variieren.
Der Hera-Tempel in Selinunt hat an der Seite 15 Säulen. Der
dahinter liegenden Cella sind
vorn und rückseitig nochmal 2 einzelne Säulen
vorangestellt.
Ein Peripteros mit einem doppelten Säulenkranz wird als
Dipteros bezeichnet.
Auch diese Bauform kommt in einer Abwandlung vor, dem Pseudodipteros,
dessen innere Säulenstellung weggelassen wurde.
Gleich neben dem Heratempel befindet sich der viel größere Tempel des olympischen Zeus. Er ist schlecht erhalten und nur noch ein Trümmerfeld.
Das ´olympische´
Ausmaß der Anlage mit 110x50m
ist jedoch erkennbar und beeindruckend. Der umbaute Raum entspricht im
Format den größten mittelalterlichen Kathedralen.
Der Tempel des olympischen Zeus wurde in der Antike nicht vollendet.
Dennoch soll er
nach dem Zeus-Tempel in Agrigent der größte Tempel
Siziliens gewesen sein.
Vergleichbare Anlagen waren nur noch der zu den 7 Weltwundern
gezählte Artemis-Tempel in Ephesus und der nie fertig
gestellte Apollontempel in Didyma.
Die Tempel
liegen in der Bauzeit im 5. Jahrhundert v.Ch. Dies war die Zeit der
größten Blüte des Ortes.
Selinunt wurde von Karthago im Jahr 409 v. Chr. nach einem Krieg mit
16.000
Toten und 5000 Gefangenen weitgehend zerstört. Von den
Karthagern (Puniern) wurde der Ort wieder aufgebaut.
Ein kleines Museum zeigt Architekturbauteile.
Die Akropolis auf dem Nachbarhügel weist vier Tempel auf, dazu gut erhaltene Terrassierungen und Befestigungen aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. Einer der Tempel ist der Tempel C (6 mal 17 Säulen) aus der Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr., der teilweise restauriert wurde. Die Karthager scheinen auch die griechischen Heiligtümer weiterbenutzt zu haben, nun allerdings für ihren eigenen Kult. So finden sich etwa eindeutige Hinweise auf eine Verehrung von Tanit.
Die Stadt stand seither endgültig
unter karthagische Kontrolle und wurde fast ausschließlich
von Puniern bewohnt,
die auch ihre charakteristische Architektur einführten. Im
Ersten Punischen Krieg wurde Selinunt dann 250 v. Chr.
von den karthagischen Truppen geräumt und
anschließend von den Römern zerstört. Damit
war die Geschichte Selinunts im wesentlichen beendet.
In der Römerzeit kam es zu einem Niedergang der
städtischen Kultur.
Politisch war die Kleinstaaterei am Ende. Es gab nun eine Zentralgewalt
und die
alten griechischen Städte zerfielen. Die Römerzeit
war gekennzeichnet durch eine landwirtschaftliche Nutzung der Insel mit
großen
Latifundien und den dazugehörigen Villen.
Beim Tempel B finden sich auch die Überreste zahlreicher typisch punischer Wohnhäuser. Sie haben einen anderen Charakter als spätere römische Bauten. Es gibt keine Innenhöfe. Die Architektur ist kompakt und zweckmäßig. Richtung Norden kann man durch die punische Stadt laufen die jedoch bislang nicht ausgegraben ist. Erhalten haben sich Reste des Nord-Tors dem eine runde Bastion vorgelagert war die zu einer Kaserne gehört haben soll.
Westlich der Stadt befinden sich auf einem weiteren Hügel
das Heiligtum der Demeter Malophoros aus dem 7. bis 5. Jahrhundert v.
Chr. und eine daneben liegende Nekropole.
Hier haben mehrere kleine Tempel für die Götter der
Unterwelt existiert.
Die bedeutendsten antiken Bauwerke
Siziliens gibt es in Agrigent. Die Stadt liegt auf der Mitte der
Südküste Siziliens und ist auch heute noch als
lokales Oberzentrum bedeutend. Die Küstenstraße von
Selinunt nach Agrigent zieht sich. Die Straße ist nur
abschnittsweise ausgebaut. Der Verkehr quält sich immer wieder
durch enge, unübersichtliche Küstenstädte.
Agrigent ist eine dicht bebaute Stadt mit vielen Hochhäusern. Bei einem Erdbeben wäre es sicher
eine Falle.
Die Unterkunft war eine günstige Ferienwohnung. Die Begrüßung war freundlich. Bier stand im Kühlschrank und Kekse auf dem Tisch.
Die Antike Stadt wurde im Mittelalter nicht überbaut und
befindet sich auf einem Nachbarhügel.
Dort gibt es einen archäologischen Park der als ´Tal
der Tempel´ zum Weltkulturerbe der UNESCO zählt.
Die Tempelanlagen stammen aus griechischer Zeit. Zur
Römerzeit
waren sie schon 600 Jahre alt. Sie wurden
aber weiter genutzt. Die Römer müssen auf diese
Gebäude geschaut haben wie wir heute auf die mittelalterlichen
Kathedralen. Der zeitliche Abstand ist identisch.
Vom Eingang aus geht der Weg durch ein Tor der ehemaligen Stadtmauer.
Gleich links vom Tor gibt es mehrere
kleine Tempel die jedoch nur noch in ihren Grundrissen zu erkennen
sind. Wiederaufgebaut hat man 4 Säulen des Dioskurentempels.
Mit Dioskuren sind die Zwillinge Castor und Pollux gemeint die auf
Sizilien
besonders verehrt wurden. Ihnen waren mehrere große Tempel
geweiht. Die 4 Säulen hat man im 19 Jh. aufgestellt. Das
Aussehen gilt als historisch nicht gesichert. Ich hatte jedoch ein
Büchlein mit Fotos und Folien erstanden, dass
die Anlage wiederaufleben ließ.
Der größte Tempel gehörte dem Göttervater Zeus. Er war vermutlich das größte Bauwerk des griechischen Siziliens. Das Mammutwerk war untypisch in seiner Bauform und diente zugleich als Siegesdenkmal nach einer gewonnen Schlacht im Jahre 480 v.Chr. Es gab außen nicht den üblichen Säulenkranz sondern durchgehendes Mauerwerk. Das Dach wurde nicht von Säulen sondern von Steinfiguren getragen, den gigantischen Telamonen.
Von den Telamonen haben sich 2 Exemplare erhalten.
Die Zeus-Tempel waren stets besonders ambitioniert und
aufwändig.
Sie waren für den bedeutendsten Gott und wurden typischerweise
nicht fertig.
Der Tempel des olympischen Zeus hatte eine Höhe von 40m. Das
ist etwa die Jochhöhe des Mittelschiffs des Kölner
Doms.
Doch während in Köln die Seitenschiffe niedriger
sind, hatte in Agrigent das komplette Gebäude
eine einheitliche Höhe! Auch die Fläche ist mit
113x56m vergleichbar mit einer großen Kathedrale.
Ein so hohes Gebäude ist bei Erdbeben besonders
gefährdet. Es ist durch Bodenerschütterungen
im Mittelalter eingestürzt und wurde danach nur noch als
Steinbruch verwendet.
Gut vorstellbar ist heute noch das Aussehen des
Herakles-Tempels. Die
Säulenreihe einer Längsseite hat sich gut erhalten
und innen sind die Grundmauern der Cella gut zu sehen.
Hinter dem Heraklestempel gibt es eine antike
Straße und eine
Reihe von Wohnhäusern die jedoch schlecht erhalten sind.
Auf einem kleinen Hügel folgt dann der Concordiatempel. Er ist inklusive Innenaufbauten komplett erhalten.
Der Tempel ist keine Rekonstruktion.
Gemälde aus dem 19.Jh. zeigen ihn exakt so wie er auch heute
zu sehen ist. Es gab seit
2000 Jahren keine wesentliche Veränderung. Es fehlt nur das
Dach, wobei am Gebälk die
Auflagen der Dachbalken noch erhalten sind. Es wäre also eine
Kleinigkeit die Anlage
komplett wieder herzustellen.
Leider kann man den Tempel nur von außen umrunden. Um die
Cella und andere Innenaufbauten zu schützen
ist das Gebäude von einem Zaun umgeben.
An den Säulen kann man die architektonischen Tricks der Griechen studieren. Die Säulen sind weder zylindrisch noch kegelförmig sondern haben in der Mitte einen Bauch. Für den einen unterhalb stehenden Betrachter ergibt sich ein interessanter perspektivischer Effekt der die Säulen besonders hoch erscheinen lässt Das Auge kann nur auf kurze Distanzen 3-dimensional sehen. Weitere Distanzen werden vom Gehirn aus dem Zusammenhang abgeleitet.
In den meisten griechischen Städten war der zweitgrößte Tempel der mächtigsten Göttin geweiht, der Ehefrau des Zeus. Sie wird von den Griechen als ´Hera´ und von den Römern als ´Juno´ bezeichnet. Das Hera-Heiligtum steht am Ende des Wanderweges im Tal der Tempel. Die Anlage ist nach dem Concordiatempel am besten erhalten.
Die Mauern der Cella stehen noch in halber Höhe und beim Säulenkranz lassen sich alle Säulenpositionen erkennen. Vom Gebälk gibt es noch einen Ansatz. Lediglich vom Giebel ist nichts mehr zu sehen.
Weitere Tempel haben sich außerhalb des Archäologischen Parks erhalten, so der Hephaistostempel und ein Äskulap-Heiligtum. Außerhalb des Parks ist auch das Antikennmuseum mit dem Ekklesiasterion. Das Ekklesiasterion sieht aus wie ein Theater, war aber der Sitz des Stadtparlaments.
Neben dem Ekklesiasterion gibt es ein altes Kloster
in dem heute die
Antikensammlung untergebracht ist.
Hier werden die Funde der lokalen Ausgrabungen präsentiert.
Ein wunderbarer Crater zeigt den Tot des Patroklos im Trojanischen
Krieg.
Die Mutter von Patroklos war Polymele. Polymele sollte einige Tage
später noch eine wichtige Rolle spielen.
Bemerkenswert waren einige Sarkophage.
Als ein Highlight gilt ein
römischer Kindersarg. In der Frontansicht wird das tote Kind
mit der trauernden Familie dargestellt. Auf der Schmalseite sieht man
das Kind
mit einer Kinder-Kutsche die von einem Schaf gezogen wird.
Im Museum ist ein Träger des Zeus-Tempels aufgestellt. Interessant sind auch Reste antiker Malerei.
Eine bemerkenswerte Bronze-Urne mit Schwanenhälsen
Sizilien hat eine grob drei-eckige Form. Die 3 Beine sind ein seit der Antike überliefertes Symbol für die Insel, das immer wieder aufgegriffen wurde.