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Reise nach Norwegen im November 2012


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Kiruna



Kiruna ist eine junge Stadt. Sie wurde erst 1898 gegründet um Eisenerz abzubauen. Das hier lagernde Magnetit ist von sehr hoher Qualität und die Lagerstädten gehören zu den größten der Welt. Kiruna ist heute das bei weiten größte Eisenerzbergwerk in Europa. Fast der gesamte deutsche Stahl wird aus Kiruna-Erz hergestellt.   

Die Erzvorkommen waren seit Jahrhunderten bekannt, doch der Abbau lohnte erst als um 1900 die Eisenbahn nach Narvik fertiggestellt wurde. Damit stand ein eisfreier Hafen für den Abtransport zur Verfügung. Die Landkarte sah damals noch anders aus. Norwegen gehörte noch zu Schweden und Finnland gehörte noch zum Zarenreich. Man fürchtete, dass Russland die Eisenbahn für eine Invasion nutzen könnte und baute daher zur Absicherung eine große Festung.  

In den ersten Jahrzehnten des 20Jh. glich der Ort einer Goldgräberstadt im Wilden Westen. Die Ordnung wurde von der allmächtigen Bergwerksgesellschaft aufrecht erhalten. Ihr Chef vor Ort war Hjalmar Lundbohm. Er ist der heute hochverehrte Gründer der Stadt.  Lundbohm war eine Mischung aus Bergmann, Lebemann, Geschäftsmann und Künstler. Er wurde 1898 von der Minengesellschaft LKAB angestellt um die Mine in Kiruna aufzubauen. Zunächst wurde nur im Sommer an der Mine gearbeitet. Das erste Gebäude von Kiruna steht noch. Es war ein Schuppen in dem im Winter die Bergwerksgeräte untergebracht wurden.

Auch die erste Familie die über den Winter blieb, lebte in diesem Schuppen. Im Sommer hatte Sie so viele Schlafgäste das der komplette Boden mit Leibern bedeckt gewesen sein soll.

Die erste Familie mit Nachwuchs waren die Söderbergs. Ihre Tochter nannten Sie Kiruna. Nach diesem Mädchen hat Lundbohm seine neue Stadt benannt. Die Hütte der Söderbergs war bescheidener als das Blockhaus und ist nicht mehr erhalten.

Das zweitälteste Gebäude in Kiruna ist Lundbohms Blockhaus. Es war eine kleine Hütte die nur aus einem Raum bestand. Als später  für die Minenleitung der Bau einer Villa geplant wurde, verweigerte Lundbohm seine Zustimmung um weiter seinen Arbeitern nahe zu sein.  Allerdings wurde das Blockhaus Stück für Stück um weitere Gebäude erweitert um den gestiegenen repräsentativen Anforderungen gerecht zu werden.

Die Innenräume des Lundbohm-Hauses sind weitgehend original erhalten und dienen heute als Museum.

Lundbohm entwickelte mit befreundeten Architekten ein Normhaus, das allen Bergarbeiterfamilien ein angemessenes Zuhause bieten sollte. Im ältesten Teil Kirunas sind noch einige dieser Häuser erhalten.

Die ersten  Häuser wurden einfach durchnummeriert. Straßen gab es noch nicht. Das Haus Nummer 5 ist also das fünfte Haus das in Kiruna gebaut wurde.

Noch etwa ein Dutzend dieser historischen Häuser mit einfachen Nummern und ohne Straßennamen sind erhalten. Die Nummer 1 ist Lundbohms Haus. Ein Brief mit der Anschrift: 
Kiruna 1 in Schweden 
würde also dort ankommen.

In einem der historischen Häuser ist ein Hotel untergebracht. Hier übernachtet der König wenn er in Kiruna zu Besuch ist.

Auch eine Kirche ließ Lundbohm bauen. Sie ist eine interessante Mischung aus Historismus, Expressionismus und vereinzelten Jugendstilelementen. Die Kirche ist in Schweden sehr bekannt. Sie wurde vor einigen Jahren bei einer Abstimmung zum schönsten Gebäude in Schweden gewählt.


Die Kirche ist komplett aus Holz erbaut. Sie sollte zugleich eine Stadthalle sein, deshalb ist nirgendwo ein Kreuz zu sehen.
Erst als der Bischof darauf hinwies das er keine Kirche ohne Kreuz  weihen könne, wurde auf dem Altar ein kleines Kreuz aufgestellt. 
Es ist bis heute das einzige Kreuz in der ganzen Kirche!

Außen ist die Kirche mit 12 goldenen Statuen geschmückt, die jedoch keine Aposteln darstellen sollen. Sie besitzen einen eher expressiven Stil.




Kiruna ist eine Stadt im Umbau. Die erzführende Schicht verläuft genau unter der Stadt und daher rutscht die heutige Stadt mit dem Abbau langsam in die Grube.


Kiruna liegt auf der oberen Grafik links in der Deformationszone. Grünblau ist der Magnetit-Flöz. Der Tagebau wurde in den 60er Jahren eingestellt und seitdem wird das
Erz über Stollen gefördert. Der aktuell tiefste Stollen ist 1365m tief. 

 
Die komplette Stadt muss in den nächsten 30 Jahren verlagert werden. Überall gibt es Mess-Sonden mit der die Rutschung des Bodens überprüft wird.

Momentan behilft man sich bei den Brücken mit flexiblen Betonpfeilern:

Die folgende Grafik zeigt die erwartete Unbewohnbarkeit in 5 Jahresschritten

Die Häuser werden  auf LKWs gestellt und weg transportiert.


Häuser die nicht transportiert werden können, muss die Bergwerksgesellschaft für den Marktwert +25% ankaufen. Dafür ist Geld genug da. Der Umzug der Stadt soll 2 Milliarden Kronen kosten, doch die Mine macht jeden Monat 1 Milliarde Gewinn!
Das viele Geld erzeugt viele Ideen wie die neue Stadt aussehen könnte. Im Rathaus ist dazu eine Ausstellung zu sehen.

 
Das Rathaus selbst ist denkmalgeschützt und soll erhalten werden.

Die neue Schule soll Rakethallen heißen und erinnert daran, dass in Kiruna ein kleiner Weltraumbahnhof steht. Von Kiruna aus startet die ESA ihre Höhenforschungsraketen. Sie untersuchen Ionosphäre, Magnetosphäre, Stratosphäre und Ozonschicht, dienen aber auch der Mikrogravitationsforschung.

Die Starts finden momentan 2 mal im Jahr statt. Leider wollte man uns auf dem Startgelände keinen Zutritt gewähren.

Immerhin sah man ein Raketenmodell mit humoristischen Touch.

So scheinen die Raketen im hohen Schnee zu landen.

In der Nähe der Stadt gibt es einen Aussichtsberg den wir als möglichen Standort für die Polarlichtbeobachtung ins Auge fassten. Die Aussicht auf die Stadt ist wirklich toll, doch eine Flutlichtanlage machte die Nutzung für unsere Zwecke unmöglich. Immerhin gelangen ein paar schöne Panoramen.

Am Horizont sieht man die höchsten Berge Schwedens und darüber die küstennahen Wolken.
Das folgende Pano zeigt die riesigen Abraumhalden der Erzmine.






Die weitere Standortsuche führte uns an einen zugefrorenen See, der jedoch immer noch zu nah an der Stadt lag.





Am nächsten Tag besuchten wir eine Rentierzucht. Während der Saison kann man dort auch übernachten.



Wir waren jedoch wegen der Fütterung gekommen.


Die Rentiere leben halbwild und müssen jedes Jahr aufs neue an ihre Aufgabe als Schlittenzugtiere gewöhnt werden. Das Kraftfutter mögen sie zuerst nicht. Deswegen wird zunächst die natürliche Nahrung zugefüttert. Normalerweise fressen sie Moos das extra für sie geerntet wird. 


Bemerkenswert ist die rote Farbe der Geweihe. Sie wachsen jedes Jahr nach und sind in der Wachstumsphase gut durchblutet. Die Wachstumsphase war gerade beendet und deshalb sind noch Blutreste zu sehen.
 




Die Füße sind ebenfalls ungewöhnlich. Durch breite Sohlen sind sie für das laufen auf lockeren Schnee optimiert.


Nicht alle Rentiere haben ein Geweih. Um mit den Tieren besser arbeiten zu können, werden sie kastriert. Die hormonelle Umstellung verhindert im ersten Jahr nach der Kastration die Geweihbildung. Erst im Folgejahr bildet es sich neu heraus.



Kastriert sind die Tiere recht umgänglich und erlauben sogar, dass man sie festhält.



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