Reise nach Norwegen im November 2012
Polarlichtnacht 12. auf 13.11.2012
Die schönsten Polarlichter bleiben unsichtbar, wenn das Wetter schlecht ist.
Wir hatten extra ein Auto angemietet um den Wolkenlücken hinterherzujagen.
Nach einige Wetteranalysen im Internet entschieden wir uns über Finnland nach Schweden zu fahren.
Kiruna liegt etwas weiter südlich als Tromsö und das Polarlichtoval liegt etwas näher am Horizont.
Aber Kiruna ist immer noch deutlich nördlich des Polarkreises.
Die Strategie ging auf. Zwischen dem 12. und dem 17. konnten wir in 5 Nächten 4 mal beobachten.
In den Nächten vom 12. auf den 13. und vom 13. auf den 14. gab es einen kleinen und größeren Sonnensturm.
Alles passte gut zusammen.
Die Monatsübersicht zeigt, dass wir zufällig den optimalen Zeitpunkt
erwischten. Schlecht war das Wetter nur am 15. doch da war die Aktivität
auch gering.
Die beiden Ausbrüche der Sonne konnten wir später in den Daten des Satelliten SOHO wiederfunden.
Der zeitliche Abstand der Ausbrüche von einem Tag und 4 Stunden passt perfekt. Die Sonnenteilchen
brauchten also 4 Tage und 8 Stunden (104 Stunden insgesamt) bis zu Erde.
Sobald das Wetter gut ist muss man sofort raus und die ganze Nacht auf Wache bleiben.
Etwas Polarlicht ist zwar immer zu sehen, doch die Stürme kommen unverhofft und sind
nicht prognostizierbar. Es gibt zwar im Internet Prognoseversuche. Doch hätten wir uns nach den Prognosen
gerichtet, hätten wir nichts gesehen!
Um die komplette Nacht durchzuhalten, benötigt man eine gute Ausrüstung.
Die Temperaturen sind sehr niedrig. Im November sind es bis zu
-20 Grad. Im Dezember und Januar sind auch -30 oder -40 Grad möglich. Warme Daunenbekleidung
ist sehr wichtig! In speziellen Sportgeschäften kann man sich für Polarexpeditionen ausrüsten
lassen. Warme Füße sind notwendig. Gute Erfahrungen wurden mit Moonboots gemacht.
Meine Reisegefährten waren nur auf -10 Grad eingestellt. Tatsächlich wurden -17 Grad unterschritten.
Die Temperatur wurde mit einem genauen Industriethermometer gemessen.
Da man nicht die ganze Nacht stehen kann, ist ein transportabler Hocker hilfreich.
Während die anderen froren, fühlte ich mich in der roten Daunenbekleidung auf dem Hocker wie zu Hause
auf dem Sofa.
Als Kamera kann man eine DSLR verwenden, die auf ein stabiles Fotostativ montiert sein sollte. Ein Drahtauslöser ist notwendig.
Für ausreichend Energie
ist eine externe Stromversorgung sinnvoll.
Die Optik sollte möglichst weitwinkelig und lichtstark sein. Bei 8-14mm Brennweite, 1600 ASA und 1:2,8 reichen Belichtungszeiten zwischen 3 und 20 Sekunden.
Die Polarlichter sind sehr dynamisch. Bei 3 bis 20 Sekunden gibt es schon eine deutliche Bewegungsunschärfe.
Dennoch sind so tolle Fotos möglich. Die meisten der folgenden Bilder sind so entstanden.
Für kürzere Belichtungszeiten würden aufwändige Spezialkameras benötigt.
Interessant wären die DBK-Kameras von TheImagingSource, die über einen C-Mount-Anschluss verfügen
und sich mit den lichtstarken Weitwinkelobjektiven von überwachungskameras kombinieren lassen.
...das wäre ein interessantes Experiment für spätere Reisen...
Zu Beginn der ersten Nacht sahen wir im Norden einen fast bewegungslosen Polarlichtbogen.
Der KP-Index lag zu dieser Zeit bei 1. Das ist das Standardpolarlicht das fast jede Nacht zu sehen ist.
Der Bogen blähte sich nach 20 Uhr UT deutlich auf und wurde heller.
Das Aufblähen des Bogens hat nicht nur mit der ansteigenden Sonnenaktivität zu tun, sondern
hat auch geometrische Gründe. Das Polarlichtoval liegt nicht symetrisch über dem geografischen Nordpol.
Es ist auf der sonnenabgewandten Seite länglich verzogen. Im Laufe der Nacht wandert Nordskandinavien
unter das Oval und wieder hinaus. Ideal ist die Geometrie um Mitternacht.
Die folgende Flash-Animation läuft nicht auf jedem Browser. Zur Freigabe ist beim Windows-Explorer der Schriftzug ´Geblockte Inhalte zulassen´ anzuklicken.
Für Firefox, Chrome und Opera muss der kostenlose Adobe Flash-Player installiert werden:
http://www.adobe.com/support/flashplayer/downloads.html
Die beiden Stürme vom 12. auf den 13. und vom 13. auf den 14. November fielen glücklicherweise in die
geometrisch optimale Zeit. Die folgende Magnetometerkurve zeigt auch kurzfristige Aktivitätsspitzen und ist
daher genauer als der über 3 Stunden gemittelte KP-Wert.
Der aufgeblähte Bogen entspricht etwa einem KP-Wert von 2. Ab diesem Wert beginnt das Polarlicht Strukturen zu entwickeln.
Auffällig ist dies besonders dort, wo der Bogen den Horizont berührt. Hier ist die Sichtline am längsten. Auf kleinem
Feld kann man eine Distanz von mehr als 1000km überblicken. Im Zenit ist ein Polarlicht nur etwa 70km entfernt.
Zum Horizont steigt die Säulendichte der Hochatmosphäre. Das Polarlicht ist daher bei guter Transparenz dort oft
am hellsten. Das folgende Video zeigt das aufblähen des Bogens und den zunehmenden Strukturreichtum im laufe der Nacht.
Jede Abbremsung des Videos entspricht einen Zeitraum von zunächst 30s und später von 15s. Die übergänge wurden überblendet.
Insgesamt sehen wir die Entwicklung über 48 Minuten.
Die obige Animation zeigt die Entwicklung des östlichen Endes des Bogens. Fast zeitgleich wurde mit etwas
höhrer Brennweite auch das westliche Bogenende aufgenommen.
Der Auflösung der Bogenstruktur ging eine Verdoppelung der Bögen vorraus.
Aus den Bogenenden bildeten sich flammenförmige Strukturen.
Die Flammen wurden im laufe der Nacht so groß, dass sie mit dem 11mm Objektiv nicht mehr erfassbar waren, und Panoramas
erstellt werden mussten. Die folgenden Panos umspannen ein Gesichtsfeld zwischen 200 und 360 Grad.
Beim letzten Pano ist links die Lichtglocke von Kiruna zu sehen.
Lichtverschmutzung bewirkt eine deutliche Kontrastminderung.
Wir wechselten daher den Standort und fuhren etwa 20km weiter. Nahe dem Esrangestartgelände war der
Himmel deutlich dunkler und kontrastreicher. Dort es entstand das folgende Video.
Beachtenswert ist auch die grün eingefärbte Landschaft. Vom reflektierten Polarlicht hat
der Schnee einen grünen Schimmer.
Ab Mitternacht wanderte der Bogen über uns hinweg. Im Osten und Westen waren die Polarlichter am intensivsten.
Im Norden war nur noch wenig zu erkennen.
Es gab auch Polarlichter im Süden, wie dieses Bild des Orion beweist. Als Aufnahmeort wurde eine
Brücke über den Torne-Fluss gewählt. Der Fluss war anders als die zahlreichen Seen nicht zugefroren,
wodurch sich Sterne und Polarlicht im Wasser spiegeln.
Beim Blick in Richtung Norden war über der Wasserfläche folgendes zu sehen.
Der helle Stern der im Wasser reflektiert wird, ist die Wega.
Da zeitweise in allen Himmelsrichtungen Polarlichter standen, war im Zenit eine Krone zu sehen.
Ungewöhnliche Effekte
Während der Beobachtung fiel uns auf, das einige schwache Polarlichter ein seltsames Pulsieren
mit einer Taktrate von einigen Sekunden besitzen. Dieses Pulsieren ist unabhängig
von den Strukturen. Es scheint eher aus dem Hintergrund zu leuchten. Dies
ist auch auf dem folgenden Video zu erkennen.
Die Details bleiben z.b. in der Nähe der Plejaden fast konstant, während am linken Rand
ein Flackern zu sehen ist.
Während der aktiven Phasen erscheinen die Polarlichter chaotisch. Es gibt jedoch in den Details auch immer
wieder regelmäßige Strukturen, die oft nur sehr kurz zu sehen sind. Ein Beispiel sind
die regelmäßigen Zacken in den beiden folgenden Polarlichtern auftauchten.
Wie schnell die Strukturen wieder verschwinden, zeigt die folgende Animation mit jeweils 2 direkt
aufeinander folgenden Bildern. Der Zeitabstand liegt bei nur 5 Sekunden!
Am Ende der Nacht vom 12. auf den 13. November waren wir ziemlich glücklich und dachten dass es nicht besser werden kann....
doch die Folgenacht setzte neue Maßstäbe.
Eine gute Seite mit aktuellen Polarlichtinfos ist:
http://www.high-iso.de/solar.php