Namibia 2018 - Oppositionseffekt bei Pluto
Der Oppositionseffekt (auch Seeliger-Effekt) ist eine optische
Erscheinung in Form einer scheinbaren Aufhellung von
Oberflächen am Gegenpunkt einer Lichtquelle. Befindet sich zum
Beispiel die Sonne im Rücken eines Beobachters, kann der
Effekt als vergleichsweise heller Bereich um den Gegensonnenpunkt am
Boden beobachtet werden.
Der Oppositionseffekt tritt auf trockenen
Flächen auf. Ursache
ist, dass Oberflächenstrukturen
um den Gegenpunkt einer Lichtquelle vor dem Beobachter ihre eigenen
Schatten verbergen.
Hinzu kommt der Effekt der kohärenten Rückstreuung.
Auch in der Astronomie spielt der Effekt eine Rolle.
Himmelskörper, die keine Atmosphäre besitzen,
erscheinen deutlich heller, wenn sie sich vom Beobachter aus genau in
Opposition zur Sonne befinden. Der Vollmond beispielsweise ist nicht
doppelt, sondern mehr als zehnmal so hell wie der Halbmond –
zur doppelt so großen beleuchteten Fläche kommt noch
die in der Vollmondphase durch den Oppositionseffekt erhöhte
Flächenhelligkeit des Mondes.
Der Oppositionseffekt reagiert sehr empfindlich
auf minimalste Abweichungen von der Ideallinie Sonne-Erde-Planet.
Daher ist der Oppositionseffekt nicht bei jeder Opposition gleich gut
zu beobachten.
Besonders ausgeprägt ist er, wenn der dritte
Himmelkörper zur Opposition exakt
auf der Ekliptik steht. Oppositionen nahe ihrer Bahnknoten gibt es bei
den die äußeren Gasriesen i.d.R.
2 mal pro Umlauf. Lediglich beim Uranus ist die Bahnneigung so gering,
das jedes Jahr ein ausgeprägter Oppositionseffekt bei den
Monden zu beobachten ist.
In den letzten Jahren wurde dem Thema einige Aufmerksamkeit gewidmet.
Auf dieser Seite gibt es Untersuchungen zu den Juptermonden,
Uranusmonden und Saturnmonden
sowie zum Erdmond und zu einem Asteroiden. I.d.R. liegt die maximal
Helligkeitssteigerung bei etwa 30%. Beim Saturnmond Enceladus wurden
aber auch schon deutlich höhere Werte gemessen. Auf dem
kleinen Eismond
scheint die frische Oberfläche den Effekt der
kohärenten Rückstreuung
besonders zu begünstigen.
Mit Spannung wurde die Opposition von Pluto im Jahre 2018 erwartet.
Er näherte sich seit einigen Jahren langsam von Norden der
Ekliptik an. Der Wechsel auf die Südseite sollte im Oktober
2018 erfolgen. Der exakte Oppositionszeitpunkt
war nur 3 Monate früher am 12.7.2018 um 09:42 UTC.
Pluto umrundet die Sonne einmal in 248 Jahren. Eine Opposition auf der
Ekliptik
ist also ein seltenes Ereignis!
Neben
der Beobachtung einer
streifenden
Bedeckung eines
5mag-Sterns während der Mondfinsternis am 27.7.2018
und der Beobachtung des Planeten Mars, war der Oppositionseffekt bei
Pluto
das Hauptziel der diesjährigen
Reise nach Namibia.
Da die Messung nicht wiederholbar sein würde, wurde die
Ausrüstung
im Vorfeld ausgiebig getestet. Geplant war der Einsatz einer ASI1600
an einem 72mm Refraktor auf einer NEQ-3. An einem Sternfeld um Arktur
wurde geprüft welche Auswirkungen die Einstellungen von Gain
und Binning besitzen und welche Belichtungszeiten optimal sein
könnten.
Die besten Resultate gab es bei Gain=0 und Binning=1. Diese
Einstellungen
erforderten jedoch recht lange Belichtungszeiten von etwa 6 min.
Autoguiding war daher notwendig.
Die Ankunft in Namibia erfolgte am 12.7.2018. Die Opposition
erfolgte zur Mittagszeit. Am Abend war eine erste Messung
möglich.
Auch am Folgetag spielte das Wetter mit, doch dann gab es ein
mehrtägige Schlechtwetterperiode. 3 Tage später
gelang ein Schuss durch Wolkenlücken.
Bis zum 25.7. gelangen dann noch 5 weitere Messungen. Pluto besitzt
einen Rotationslichtwechsel von 6,3 Tagen. Die Idee war über 2
Rotationen zu photometrieren und die Kurvenzüge voneinander zu
subtrahieren um den genauen Betrag
des Oppositionseffektes zu ermitteln.
Die folgende Grafik zeigt die ermittelten Messwerte. Es gab 2
Überraschungen.
Der Rotationslichtwechsel scheint nur eine geringe Rolle zu spielen.
Ab dem 17.7.2018 ist die Helligkeit konstant. Die zweite
Überraschung war
das erst einen Tag nach der Opposition das Helligkeitsmaximum erreicht
wurde.
Am Oppositionstag war auch ein Anstieg zu sehen, der jedoch
schwächer ausfiel.
Um
sicherzustellen das hier nicht doch die Rotation einen Streich spielt,
wurden die Messwerte ab dem 18.7. rot eingefärbt und um eine
Rotation versetzt in die folgende Grafik eingetragen.
Unter
dem maximalen Messpunkt vom 13.7. wurde eine Rotation später
der Messpunkt
vom 20.7. eingesetzt. Der Messpunkt vom 20.7. ist völlig
unauffällig. Auf die Rotation ist also das Maximum vom 13.7.
nicht zurückzuführen.
Der geringe Rotationslichtwechsel könnte mit der
starken Achsneigung zusammenhängen. Wir blicken z.zt. auf den
Pol von Pluto.
Das zeigt z.b. sehr schön die Bahn des Mondes Charon der auf
der Ebene des Plutoäquators den Planeten umrundet.
Die helle, herzförmige
Tombaugh-Regio hat einen geringeren Einfluss auf die Gesamt-Albedo als
man vermuten würde. Von den beiden folgenden
Rotations-Animationen zeigt dies gut
das rechte Exemplar, das auf Basis von HST-Aufnahmen
erstellt
wurde.
Am Oppositionstag war Pluto etwa
15% heller
als normal. Am Folgetag stieg der Wert auf 30%.
30% ist ein typischer Wert der ähnlich auch bei den Monden der
Gasriesen zu finden ist.
Im Vorfeld waren Helligkeitssteigerungen von 50% bis 100% im
Gespräch.
Das konnte nicht gemessen werden. Denkbar wäre
natürlich das es nach dem 13.7.
noch einen Helligkeitsanstieg gab, doch wahrscheinlich ist dies nicht.
Nur wenn für den 14.7. einen ähnlichen Wert wie
für den 12.7. angenommen wird,
lässt sich die Kurve gut auf die Messwert vom 17.7.
verlängern.
Für
den eintägigen Versatz beim Oppositionseffekt
gibt es bislang
keine schlüssige Erklärung. Ein Messfehler ist
natürlich nie
ganz auszuschließen, es fanden sich dafür aber keine
Hinweise.
Mehrere Messversuche mit unterschiedlichen Einstellungen und
Bildverarbeitungen lieferten Abweichungen von wenigen hundertstel
Magnituden. Die relativen Abstände waren dabei
weitgehend konstant.
Beim Stöbern in der Profiliteratur fanden sich zum
Oppositionseffekt unterschiedliche Aussagen.
In einer Arbeit von 1994 ging man noch von einem Standardeffekt aus.
Das änderte sich in einer Arbeit von 2015 als nach den
Erfahrungen bei Enceladus die Prognose nach oben geschraubt wurde. In
einer Arbeit von 2015 wurde die Aussage mit ersten Messungen
untermauert und
es ist von einem ´Super-Surge´ für 2018
die Rede.
Hauptthema der 3 Arbeiten war jedoch die Plutorotation. Wenn man die
Kurven betrachtet ist eine deutliche Verflachung zu sehen. Dabei
fällt der Rotationslichtwechsel in Rot geringer aus als in
Blau und Grün. Der selbst gemessene geringe
Rotationslichtwechsel für 2018 würde also
passen.
Besonders
interessant ist die Arbeit von
2015. 2014 stand der Pluto der
Ekliptik schon ausreichend nah
um einen ´kleinen Oppositions-Effekt´ zu
verursachen. Im Grün und Blau war der Effekt doppelt so
groß wie im Rot.
Unter Berücksichtigung der
Farbabhängigkeit erscheint
die eigene Messung in einem neuen Licht.
Es wurde ohne Filter gearbeitet und die verwendete Kamera ist sehr
empfindlich im Infrarot.
Pluto ist zudem im Rot 4 mal so hell wie im Blau und von Grün
zu Rot ist es immer noch fast Faktor 2.
Der Mittelwert für das integrierte Signal dürfte bei
etwa 630nm liegen was einem Rotfilter
entspricht.
Im
Rot sollte der Helligkeitsanstieg durch den Super-Surge aber nur bei
30% liegen. Im Blau und Grün wären Werte um 60%
möglich gewesen. Der scheinbare Widerspruch zwischen Prognose
und eigener Messung
löst sich dadurch auf.
Die 9 erfolgreichen Messungen als animiertes Gif.
Die Aufnahmebedingungen waren schwankend. Mehrfach verursachte der Wind Nachführfehler und zum Ende störte der Mond. Um Fehler durch den sich ändernden Abstand zwischen Stern-Ensemble und Pluto zu minimieren wurden neben Pluto auch plutonahe Sterne gemessen und als Korrekturfaktor berücksichtigt.
Das für die Photometrie verwendete Ensemble von 6 nahen Sternen
Trotz offener Fragen kann man mit dem Ergebnis zufrieden sein. 2019 ist zur Oppositionszeit Vollmond und der Abstand von Pluto zur Ekliptik ist schon wieder deutlich größer. Für die nächsten 161 Jahre ist keine Wiederholung der Messung möglich, doch die Opposition 2020 wäre noch eine Untersuchung wert. Der Maximalwert wird zwar nicht mehr erreicht, aber bis zu 0,2mag im Rot und 0,4 mag in Grün und Blau könnten noch möglich sein.