Am 8.6.2004 war es endlich soweit. nach mehr als 120 Jahren passierte die Venus erstmals die Sonnenscheibe. Die Erwartungen waren groß.
Schon Wochen vorher wurde intensiv die immer schmaler werdende
Sichel beobachtet.
Das Wetter spielte mit. Etwa 30 km von München entfernt, konnte ein ruhiges Plätzchen gefunden werden.
Es war der gleiche Ort an dem im Vorjahr schon der Merkurtransit
erfolgreich beobachtet wurde. Auf dem linken Bild ist hinter der Leiter der 6-Zoll f/10 Planetendobson zu erkennen mit dem
visuell beobachtet wurde. Auf der Montierung in der Mitte steht der 5 Zoll Refraktor mit dem die meisten Fotos entstanden sind.
Das Auto wurde mit hellen Tüchern abgedeckt, um Seeingprobleme zu vermeiden. Gleichzeitig wurde so der
Standort für den Laptop etwas abgedunkelt.
Alte Aufzeichnungen berichteten von rätselhaften Lichteffekten. Gleich zu Beginn des Transits
ereignete sich das spektakulärste Schauspiel. Kaum stand die Venus zur Hälfte vor der Sonne,
da bildete sich auf der sonnenabgewanten Seite ein Lichtsaum. Im Vorjahr konnte beim
Merkur etwas derartiges
nicht beobachtet werden. Offenbar kommt dieser ungewöhnliche Effekt durch Brechung in der Venusatmosphäre zu stande.
Leider war die Fotoausrüstung zu Beginn unpassend abgestimmt. Zur Seeingkompensation
war ein Rotfilter eingesetzt worden, der das Licht soweit schwächte, das die Webcam den visuell
gut sichtbaren Saum nicht abbilden konnte. Beim Austritt wurde dann eine lichtstärkere
Kombination gewählt. Zwischen den 3. und 4. Kontakt war das Seeing jedoch deutlich schlechter.
Auch visuell wurde der Lichtsaum dadurch schwieriger. Trotzdem waren im 6 Zoll f/10
Newton bei 160-fach kurz nach der Mitte der Austrittsphase noch 2 Bogenanfänge zu sehen.
Insgesamt war der Lichtsaum bei Ein- und Austritt visuell wesentlich einfacher zu erkennen,
als dies die Aufnahmen vermuten lassen.
Eine auf La Palma entstandene Profiaufnahme zeigt, dass der Lichtring nicht exakt symmetrisch
ist, sondern auf einer Seite heller.
Dies ließ sich auch auf den eigenen Fotos gut nachweisen.
Auch vor 130 Jahren war der Lichtring nicht symmetrisch. Der von Russel in Australien beobachtete ´polare Spot´ war jedoch nicht sichtbar.
Anders als 1874 war nicht ein Lichtpunkt Ausgangsort
für Auf- und Abbau der Ring-Erscheinung, sondern 2 direkt am Sonnenrand stehende kleine Bögen.
Oben wurde das Lichtsaumbild in seine
3 Farbkanäle zerlegt und in der Helligkeit
angepaßt. Auf allen Farbkanälen hat die Webcam
ein Signal erhalten. Der Blaukanal erscheint zwar
etwas schwächer, doch dies könnte auch
am stärkeren Blaurauschen der CCD
gelegen haben. -
Der Lichtsaum scheint also
weitgehend farblos gewesen zu sein.
Historische Berichte sprechen immer wieder von einem rätselhaften Lichthalo. Es sollte sichtbar werden,
sobald der Planet komplett vor der Sonnenscheibe steht. Davon war allerdings nicht viel zu erkennen.
Möglicherweise handelt es sich um eine optische Täuschung die durch
den starken Kontrast entsteht.
Auf den Fotos ist auch bei extremer Kontraststeigerung kein Halo zu finden.
Der etwas unscharfe Planetenrand wird lediglich durch die Luftunruhe verursacht.
Vom Tropfenphänomen war ebenfalls nichts zu entdecken.
Der Planetenrand schien auch in keiner Weise unscharf zu sein,
sondern stand wie ausgestanzt vor der Sonnenscheibe.
Der oft beschriebenen Tropfeneffekt
war weder fotografisch noch visuell
nachzuweisen.
Offenbar spielt das Seeing sowie die
Größe und Qualität der Optik eine wichtige Rolle.
Oben eine Aufnahme die unscharf gerechnet wurde.
Auf diese Weise läßt sich ein Tropfen simulieren.
Bei der Beobachtung von James Allerdings im Jahre
1874 gab es vermutlich keine guten Sichtverhältnisse.
Der gesamte Transit dauerte mehr als 5 Stunden, so dass es genug Zeit gab verschiedene Experimente durchzuführen.
Jede halbe Stunde wurde versucht eine hochauflösende Aufnahme der Sonnengranulation zu erstellen.
Zur Zeit suche ich noch
parallel entstandene Fotos
um die Parallaxe vor der Granulation
demonstrieren zu können.
Meine besten Fotos sind um 8:00UT,
8:30UT, 10:00UT und 10:30UT entstanden.
Da sich die Venus
innerhalb von 16 Zeitsekunden um etwa
eine Bogensekunde bewegt, sind
exakte Zeitangaben notwendig!
Das die Idee prinzipiell funktioniert, ist bei folgenden Foto zu erkennen.
Die zeitgleich entstandene Fotos aus Deutschland und von den Kanarischen Inseln
zeigen am Sonnenrand schon einen deutlichen Versatz. Das dies so sein muss, kann man
dank mehrere Zufälle fast im Kopf ausrechnen:
Erde und Venus sind etwa gleich groß. Von der Erde aus gesehen hat die Venus
zum Zeitpunkt des Transits einen Durchmesser von etwa 60 Bogensekunden. Ein
hypothetischer Beobachter von der Venus würde die Erde von Pol zu Pol ebenfalls mit einem Durchmesser von
60 Bogensekunden wahrnehmen. Daraus folgt, dass für 2 Beobachter an den Erdpolen die Venus vor
einem unendlich weit entfernten Hintergrund mit einer Parallaxe von 60 Bogensekunden springen würde.
Die Sonne ist als Projektionshintergrund allerdings nicht soweit entfernt. Der Venusabstand beträgt etwa
zwei Drittel des Erdabstands zu Sonne. Darum kann die Parallaxe auch nur maximal 2/3 von 60 Bogensekunden betragen.
Die so errechneten 40 Bogensekunden gelten natürlich für den kompletten Erddurchmesser. -
München und La Palma liegen allerdings nur etwa 20 Breitengrade voneinander entfernt.
La Palma liegt bei 28 Grad Nord, das ist nur 5 Grad vom nördlichen Wendekreis entfernt.
Der 3. Kontakt fand zur Mittagszeit nur 13 Tage vor der Sommersonnenwende statt.
Für einen hypothetischen Beobachter auf der Venus hätten die Kanarischen Inseln
zu dieser Zeit fast genau auf der Mitte der Erdscheibe gelegen. Grob vereinfacht kann man daher den Abstand
Kanaren-München errechnen, indem man den Erdradius mit dem Sinus von 20 multipliziert. Das sind
etwa 2100 km oder ein sechstel des Erddurchmessers. In der Projektion auf die gleichgroße Venus
muss die Parallaxe etwa ein sechstel von 40 Bogensekunden betragen. Das ist etwas
mehr als 1/10 der Venusscheibe, also ca. 7 Bogensekunden.
Mit freien Auge war die Venus nicht eindeutig zu identifizieren.
Offenbar gehöre ich zu den 20% der Bevölkerung, deren Augen dazu zu schlecht sind. Im 7x50 Feldstecher, war die Venus dagegen leicht sichtbar.
Wie riesig die Scheibe ist, wird klar, wenn man den Venustransit mit dem Merkurtransit des Vorjahres vergleicht.
Da für beide Ereignisse die gleiche Optik verwendet wurde, ist dies leicht möglich.
Die beiden Aufnahmen oben, zeigen die Planeten zwischen Sonnenfleck und Sonnenrand.
Beim Venustransit war nur eine winzige Fleckengruppe zu sehen.
Beim Merkurtransit gab es wenigstens einen einzelnen, größeren zentralen Fleck.
Die Webcam besitzt nur einen sehr kleinen Chip. Deshalb ist es schwierig
die komplette Sonne aufzunehmen. Die folgende Aufnahme ist ein Mosaik
aus etwa einem Dutzend verschiedener Einzelbilder.
Deutlich sind die Kanten der Mosaikaufnahmen zu sehen.
Bei großen Feldern ist die chemische Fotografie oftmals im Vorteil.
Deswegen sind auch ein paar Bilder mit einem 100 ASA Diafilm entstanden.
Die nachfolgende Animation zeigt die Entwicklung im Stundenanstand.
Ein Experiment beschäftigte sich mit der Frage, was denn die minimale
Ausrüstung für eine erfolgreiche Transitfotografie sein könnte.
Folgendes Bild entstand mit einem 50mm Normalobjektiv auf 100 ASA
Diafilm. - Bei 28mm Brennweite war die Venus nicht mehr zu identifizieren.
Es gab auch Experimente mit einer Lochkamera
Mit einem kurzen Papprohr war die Venus nur schwierig nachzuweisen, doch
bei einer Brennweite von 1,2m gab es ein überraschend klares Signal.
Als Kamera wurde das Rohr eines Staubsaugers verwendet. Es hatte
zufällig den passenden Innendurchmesser für den 1,25 Zoll Kameraadapter.
Als vorteilhaft erwies sich die Auszugsmöglichkeit. So konnte
die ´Brennweite´ variiert werden.
Kuriosa am Rande
Das Wetter war heiß! Mit Auf- und Abbau
der Geräte knallte die Sonne fast 7 Stunden auf mich herunter.
Dank der Erfahrungen vom letztjährigen Merkurtransit wurde diesmal
nicht mit Sonnencreme gespart. Trotz Lichtschutzfaktor 18 steht seit dem Venustransit endlich fest, welche Seite meine Schokoladenseite ist.
Durch den Linkseinblick des Dobsons ist nur die linke Körperhälfte braun geworden.
Die Beobachtung verlief weitgehend ungestört.
Nur ein paar mal flog in geringer Höhe ein Bussard über den Platz.
Er ließ sich im Fernglas prima beobachten.
Menschliche Besucher gab es kaum. Mehrfach hielten Autos an der nahen Hauptstraße doch nur einer traute sich über den holprigen
Feldweg zu mir zu fahren. Dafür wurde er mit einem Blick durch den 6-Zöller belohnt. Nach 10 min fuhr er zufrieden davon.
Etwa um 9:40 Uhr meinte
ich für kurze Zeit eine schwache Aufhellung auf der dunklen
Venusscheibe zu sehen. Leider habe ich nicht
die exakte Zeit notiert. Der Blick durchs
Fernrohr dauerte ca. 10 sec. Während der 10
Sekunden war die Aufhellung ständig sichtbar.
Beim Kontrollblick wenige Minuten
vorher und nachher war nichts zu erkennen.
Die Aufhellung war flächig, leicht elliptisch, etwa
10 Bogensekunden gross und stand
im Dobson links oberhalb der Scheibenmitte.
Astronomen vergangener Zeiten berichteten
von ähnlichen Täuschungen. - Ein Beobachter des 19 Jahrhunderts
meinte sogar einen Vulkanausbruch entdeckt zu haben :-)
Vermutlich handelt es sich nur um einen Reflex,
dennoch wäre es interessant zu erfahren, ob
andere Beobachter ähnliches gesehen haben.
Unten der Versuch einer Zeichnung aus der Erinnerung.