Bodenseetour
2025 - Reichenau und Sonnenfinsternis

Am Abend des 1. April 2025 sollte der Mond die Plejaden bedecken.
Unweit des Züricher Sees sollte es eine Streifende Bedeckung
des
hellen Sterns Maia geben.
Die Reise in die Schweiz ließ sich ideal mit einem Besuch bei
Freunden in Friedrichshafen kombinieren. Auch wenn das Wetter nicht
mitgespielt hätte, wäre so der Aufwand nicht sinnlos
gewesen.
In Friedrichshafen wurde ich zu einem Vortrag bei den dortigen
Sternfreunden ´verpflichtet´. Als
Vortragsthema wurde
die letztjährige Reise nach Algerien
gewählt. Es gab
Bilder vom ´Madna´-Krater und einen Ausblick auf
die
Sonnenfinsternis 2027. - Es war ein schöner Abend in
entspannter Atmosphäre!

Die Anreise erfolgte schon einige Tage zuvor in der Hoffnung die
Partielle Sonnenfinsternis vom 29.3.25
gemeinsam beobachten zu können. Leider war am 29.3. die
Wetterprognose sehr schlecht. Am Bodensee war 100%
Bewölkung
und Dauerregen angesagt.

....Am
Flughafen von Reykjavik wäre das Wetter gut gewesen. Dort hatte
die Sofi >60%

Wegen des
schlechten Wetters wurde als Alternativprogramm die
Klosterinsel Reichenau angesteuert.


Die im
westlichen Bodensee gelegene Insel
Reichenau ist 4,5
Kilometer lang und gerade mal 1,5 Kilometer breit. Auf der Insel
betreibt der Winzerverein Reichenau die südlichste
Weinanbau-Fläche Deutschlands.
Der Rotwein hat gehaltvolle 14% und schmeckt schon
´italienisch´ wie wir am Abend bei einem
Fläschchen
feststellen konnten.
Die Insel Reichenau im Bodensee ist seit dem Jahr 2000
UNESCO-Weltkulturerbe. Sie gilt als
´herausragendes
religiöses und kulturelles Zeugnis eines großen
Benediktinerklosters im Mittelalter´. Auf der Insel
befinden sich
3 romanische Kirchen. Wir starteten mit der südlichsten Kirche
St. Peter und Paul.

Vor der Kirche gibt es ein kleines
kostenloses Museum das die Baugeschichte erklärt. Reste der
karolingischen Chorschranken wurden im Bauschutt gefunden.


Die Kirche ist eine romanische Säulenbasilika mit
Ostturmfassade. Die Bauzeit liegt um das Jahr 1100.
Aus dieser Zeit ist das Gemälde in der Apsis.


Unter
Christus gibt es eine Galerie der Apostel.
Darunter die gleiche Zahl an vorchristlichen
jüdischen
Propheten. Erkennbar sind sie an ihrem Judenhut.
Weitere stark verblasste Gemälde gibt es im Vorraum der Kirche:


Das Langhaus wurde um 1750/1760 im Stil des Rokoko
umgestaltet.

Während
wir vor der Kirche standen, lichteten sich
die Wolken und
durch den Hoch-Nebel konnten wir mit freien Auge den angefressenen Keks
der Sonnenscheibe erkennen.


Während St. Peter und Paul eine eher kleine Kirche ist, hat
das
Münster St. Maria und Markus das Format einer Kathedrale.




Das Münster wurde am 24. April 1048, dem Vorabend des
Markustags,
im
Auftrag und im Beisein von Kaiser Heinrich III., geweiht.



Das
Mauerwerk besteht noch zu großen Teilen aus dem 9.Jh.

heutiger Zustand (oben) vs. Zustand im 9. Jh. (unten)

Markant sind die beiden Querhäuser in West(!) und Ost. Sie
haben
sich seit dem 9 Jh. erhalten. Aus späterer Zeit sind der Chor
und
der Turm.
Zahlreiche
kostbare Handschriften, liturgische
Gefäße und
Gewänder gelangten nach dem Ende des Klosters im 18.
Jahrhundert
in andere Kirchen und Sammlungen. Dennoch ist die Ausstattung des
Münsters mit Statuen, Grabplatten, Wand- und
Ölgemälden
aus Gotik und Barock bemerkenswert.



Spätgotische Ölbergszene mit ungewöhnlicher
Farbfassung.
Die Wandmalereien im Chor sind aus dem 16Jh. Die Gewänder
erinnern an Gemälde aus der Dürer-Zeit.



Sichtbar ist der Schrein des Evangelisten Markus. Die Gemahlin
König Albrechts I., stiftete ihn 1305.

Den
Evangelisten Markus verbindet man mehr mit Venedig, doch
Papst
Innozenz VIII. erklärte in einer Bulle aus dem Jahr 1486,
„dass der Leib des hl. Markus wirklich in der Reichenau ruhe
und
den jüngsten Tag des Gerichts daselbst erwarte“.
Die Schatzkammer war leider geschlossen, doch etwa 100m vom
Münster
entfernt gibt es das Heimatmuseum der
Reichenau mit allerlei interessanten Infos.

Das
Münster hat u.a. ein Kaisergrab aus dem 9.Jh.
Karl III. ein
Enkel von Karl dem Großen ist hier begraben.




Vor dem Museum gibt es eine ungewöhnliche drehbare Sonnenuhr
die
der Universalgelehrte Hermann der Lahme im 11Jh. entwickelt hat. Der
Gnomon wird dabei über die drehbare Basis in die Sonne
gedreht.


Das Highlight der Insel ist die am Nordende der Insel gelegene Kirche
St. Georg.

Die
Georgskirche ist ein spätkarolingisches
Kirchengebäude,
das um das Jahr 900 errichtet und mehrfach erweitert wurde. Ihre
bedeutenden Wandmalereien, die teils in das 10./11. Jahrhundert, teils
in das ausgehende 9. Jahrhundert datiert werden, gelten als
Hauptzeugnisse der Malerei des Klosters Reichenau.

Blick in die Westapsis.
Die Malereien dort
sind aus späterer Zeit.

Einen Westchor gibt es ähnlich in St. Michael in Hildesheim. Die
dortige Kirche wurde zeitgleich erbaut.
Die Bilder im
Langhaus der Georgskirche an den
Längsseiten sowie
an der Nord- und der Südwand überstanden gut die
Jahrhunderte. Es ist die einzige Kirche, die uns anschaulich noch einen
Gesamteindruck von der Ausmalung eines Sakralraumes in der Zeit vor der
Jahrtausendwende zu vermitteln vermag.

Blick in Ostapsis
Die
dargestellten Szenen aus dem Leben Christi auf der
Nord- und
Südwand beziehen sich auf seine Wundertätigkeit.

Die Wunderszenen sind linear in einer geschlossenen Folge zu
betrachten. Diese beginnt links beim Eingang, führt zum Altar,
und
rechts vom Altar zurück zum Eingang. Christus ist mit seinem
in
Erzählrichtung deutenden Segensgestus in
Übergröße
links im Bildfeld mit Orientierung nach rechts dargestellt.

Wenn man
dieser Sequenz
folgt, so ergibt sich eine deutliche Steigerung, die mit
der Totenerweckung des Lazarus endet.

Erweckung eines toten Mädchens:


Das letzte
Bild zeigt die Auferstehung des Lazarus. Er
ist schon in ein weißes Leichentuch gewickelt.
Als der gotischen Chor angebaut wurde, müssen die älteren
Malereien noch sichtbar gewesen sein. Der Übergang ist ohne
Schäden.

An der Nordwand des Langhauses hat sich neben den Altarstufen ein
seltenes Spottbild aus dem 14. Jh. erhalten, das das Geschwätz
der
„tumben wibun“, der törichten Frauen
kritisiert.
Hier sieht man die erste bekannte Überlieferung des
lautmalenden
Ausdrucks „Bla bla“.

Das Bla-Bla
wird von einer Teufelsgestalt auf eine
Kuhhaut geschrieben,
die von vier Teufeln im Kreis gedreht wird. Sie illustriert so
wörtlich die Redensart vom Geschwätz, das auf keine
Kuhhaut
geht.
Vor der Kirche befindet sich wieder eine kleine Ausstellung zur
Baugeschichte von St.Georg.



Nach der Entdeckung im 19Jh. wurden die Malereien
´aufgefrischt´, was inzwischen wieder weitgehend
rückgängig gemacht wurde.



