Bodenseetour 2025 - Konstanz

Wenn man von Friedrichshafen aus Konstanz besichtigen möchte, kann
man sich das Auto sparen. Per Katamaran kann man in 52 min
übersetzen und landet direkt in der Innenstadt. So spart man sich
neben den weiten Umweg um den See auch die Parkplatzsuche.
Außerhalb der Saison ist der Preis mit 16 Euro
Hin-und-Zurück auch noch relativ fair. Leider gibt es
außerhalb der Saison nur wenige Stadtführungen.
Zufällig gab es aber an unserem Besuchstag eine Themenführung
zur 800-Jahrfeier der Spitalstiftung.

Das Konstanzer Spital
kümmerst sich seit dem Mittelalter um die Ehrlosen und
Ausgestoßenen. Ein Ehrloser war man im Mittelalter jedoch nicht
unbedingt ein Straftäter. Während heute die Ehrhaftigkeit
eine Frage der inneren Einstellung ist, war damals die Ehrhaftigkeit
eine Frage der Sicht von Außen. Ein raubender und mordender
Adliger konnte ehrhaft sein, aber ein braver Totengräber war es
nicht.





Neben Henkern, Bestattern, Kirmeskerlen und Huren waren
auch
Schäfer und Müller oft nicht ehrhaft, da ihr Gewerbe
außerhalb der Stadt lag. Dadurch konnten sie keine
Stadtbürger sein. Die ehrhaften Stadtbürger wie z.b. die
Handwerker hatten ihr eigenes Soziales Netz, doch um die Ehrlosen
musste sich das Spital kümmern.
Beginn und Ende der Stadtführung erfolgen vor dem Konstanzer
Münster.



Der Turm entstand erst im 19 Jh. Ähnlich wie in Ulm oder Köln.
Beim betreten wirkt die ehemalige Bischofskirche eher bescheiden. Das
sich für das Konzil von 1414–1418 nichts besseres
gefunden hat, mag man kaum glauben.

Das Langhaus ist unverkennbar romanisch geprägt und
stammt aus der
Bauperiode nach 1054. Insgesamt sechzehn Säulen auf jeder Seite
tragen die halbkreisförmigen Arkaden. Sie besitzen mächtige,
schlicht gearbeitete achtseitige Kelchkapitelle. Die Seitenschiffe sind
niedrig und der Bau wirkt etwas gedrungen. Die Gotik war zur Bauzeit
noch weit entfernt.
Spannend wird das Münster ab dem Querschiff und in den
Seitenkapellen und zahlreichen ´Nebenräumen´. Hier
wird klar das man die Ausstattung zunächst unterschätzt. Die
Baugeschichte geht weit zurück bis 9Jh. Auf den zweiten Blick
häufen sich die Schätze!




Spätgotische Sterbeszene Mariens mit ungewöhnlicher
Farbfassung. Die Himmelfahrt wird nicht gezeigt.
Dieses Dogma kam erst später.
Der romanische Innenraum des Münsters erhielt ab
1423 eine
Neufassung im Stil der Spätgotik: Die Seitenschiffe, die
Sakristei, der Thomaschor am Ende des linken Seitenschiffs, der
südliche Querhausarm und das Sanktuarium erhielten zwischen 1423
und 1453 ihre spätgotischen Rippengewölbe und
Maßwerkfenster.
Im Osten schließen sich an die Außenwand des Nordchors die
Bauten der Mauritiusrotunde sowie des Kapitelsaals und der
Margaretenkapelle an, die durch die Reste des ehemaligen Kreuzgangs
miteinander verbunden sind.


Der sogenannte Schnegg im Thomaschor ist ein
spätgotisches
Schmuckstück des Münsters: ein acht Meter hohes sechseckiges
Treppenhaus aus behauenem Sandstein, das mit Maßwerk und
figürlichen Darstellungen verziert ist. Die fünf Meter hohe
Wendeltreppe im Innern führte zum Gewölbe des Ostbaus. Die
hervorragenden Relieffiguren stellen Symbole der Jungfräulichkeit
Mariens dar.


Die Margaretenkapelle ist ein erstmals 1222
erwähnter Sakralraum,
der 1423 mit einem gotischen Kreuzgewölbe eingewölbt wurde.
Es gibt hier farbige Wandmalereien aus dem 15/16. Jahrhundert.


An den Westwänden sowohl des südlichen wie des
nördlichen Seitenschiffs, zu beiden Seiten des Westportals, finden
sich prominent monumentale Darstellungen des Christophorus von 1435 und
1470. Beide sind stark verblasst.

Aus der frühesten spätkarolingischen Bauphase
stammen Teile
der Krypta.




Eines der Figurenkapitelle ist aus dem 7.Jh. Die
Darstellung ist schwierig zu interpretieren. Es sieht so aus als wenn
sich jemand an zopfförmigen Haaren zieht.
Vielleicht ist es Christus im Weinkelter - was aber für die Zeit
ein ungewöhnliches Motiv wäre.

n der Krypta des Münsters sind vier feuervergoldete
Kupferscheiben ausgestellt. Die größte Scheibe hat fast 2m
Durchmesser und ist die älteste. Sie wird ins 11. Jahrhundert
datiert; es ist jedoch nicht erwiesen, ob sie erst nach dem Neubau
entstand, also um 1054, oder bereits um 1000 gefertigt wurde. Sie zeigt
Christus als Weltenherrscher.



Die drei kleinen Scheiben sind halb so groß und
wurden 200 Jahre
später geschaffen. Die Scheiben sind Unikate. In anderen Kirchen
findet man sowas nicht.

Die Mauritiusrotunde wurde im Jahr 940 errichtet. Das im Zentrum
errichtete Heiligen Grab ist mit Steinmetzarbeiten im Stil der
französischen Gotik geschmückt. Es weist bemerkenswerte
Skulpturen auf die im 1260 entstanden sind. U.A. sind die Figuren der
zwölf Apostel zu sehen.



Das Chorgestühl aus Eichenholz von 1467 überlebte die
Reformationszeit und ist heute in der Vierung aufgestellt. Die Wangen
zeigen Reliefdarstellungen zwischen der Erschaffung der Welt und dem
Jüngsten Gericht. So saßen die Menschen zwischen dem Anfang
und dem Ende. Die Rückwand zeigt Büstenreliefs der Aposteln
und Propheten.


Von 1414 bis 1418 war der Bischofssitz Gastgeber des Konzils von
Konstanz, des größten mittelalterlichen Kongresses
nördlich der Alpen. Zeitweilig residierten in der Stadt der
Gegen-Papst Johannes XXIII., König Sigismund, zahlreiche
Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe mit Tausenden von
Bediensteten, Botschafter aus den teilnehmenden Nationen sowie
Gelehrte, Theologen, Kaufleute, Handwerker – und nicht zuletzt
auch Prostituierte – aus ganz Europa.
An dieses wichtige Ereignis der Weltgeschichte erinnert die
´Imperia´ am Hafeneingang.
Die sich drehende Statue hat Kaiser und Papst fest in der Hand. - Schon
damals ließen also die Frauen die Männer nach ihrer Pfeife
tanzen und zogen die Fäden im Hintergrund.


