Parallaxenmessung Leoniden 2001


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Beim Leonidensturm vom 18./19.11.2001 waren die deutschen Meteorbeobachter mit 2 Gruppen in der Mandschurei vertreten. Die Standorte lagen in den Städten Taikang und Lindian. Von der Taikang-Gruppe wurde die Beobachtungsposition per GPS 124,426 öL und 46,721 nB ermittelt. Die Position von Lindian liegt lt. Heavens-above.com bei 124,867 öL und 47,183 nB. Daraus ließ sich eine Längendifferenz von 33,42 km und einer Breitendifferenz von 51,33 km errechnen. Das von den Lindianreisenden als Quartier gewählte 'Hotel an den heißen Quellen' befindet sich jedoch einige Kilometer nördlich der Stadt, so das die Breitendifferenz eher bei 58 km und die Gesamtdistanz bei 67 km gelegen haben dürfte. Bei diesem Abstand war zu erwarten, das eventuell einige Meteore von beiden Expeditionen parallel zu sehen sein würden. Als dann in der Sturmnacht tausende von Sternschnuppen auf die begeisterten Zuschauer niederprasselten, kam rasch die Idee auf, dass es sich lohnen könnte die Fotos der beiden Gruppen zu vergleichen, um Leuchtspuren für eine Parallaxenmessung zu ermitteln. Durch die große Zahl an Feuerkugeln gab es jedoch die Befürchtung das eine sichere Identifizierung schwierig sein könnte. Erschwerend kam hinzu dass bei den Aufnahmen keine genauen Zeiten notiert worden waren. An beiden Standorten wurde jedoch der erste Film ab 1:00 Uhr belichtet und um 3:00 Uhr gewechselt. Dies ließ zumindest eine grobe Orientierung zu. In Taikang wurde ein 28 mm, 1:1.8 Objektiv auf den Polarstern ausgerichtet um eventuelle Sternschnuppen mit dem reizvollen Motiv einer Polstrichspuraufnahme zu kombinieren. In Lindian wurde ein 28 mm mit Fisheyevorsatz bei Blende 1:4 verwendet. Diese Konstruktion liefert eine äquivalentbrennweite von etwa 13 mm was einem Gesichtsfeld von mehr als 100 Grad entspricht. Da kein Stativ vorhanden war, wurde die Kamera einfach mit dem Rücken auf den Boden gelegt und so auf den Zenith ausgerichtet. Ein glücklicher Zufall, denn da sich Lindian nordöstlich von Taikang befindet wurden die in Taikang registrierten Meteore auf den Lindianaufnahmen nach Südwesten in Richtung Zenith verschoben. Als besonders interessant erwies sich eine -8 mag Feuerkugel. Ihr folgte in wenigen Minuten Abstand ein zweiter Bolide der am Strichspurende einen deutlichen Lichtausbruch aufwies, der die spätere Identifikation stark vereinfachte. Beide Meteore hinterließen eine gut sichtbare Rauchspur und gehörten zu den absolut hellsten die in der 'Sturmnacht' gesichtet wurden. Auch in Lindian erregten sie deshalb großes Aufsehen. Wegen ihrer großen Helligkeit konnten sie trotz des schlechteren Blende und der geringeren Filmempfindlichkeit auf den Fisheyeaufnahmen wiedergefunden werden.

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Eine etwa 2 Stunden vereinende digitale Sammelaufnahme der hellsten Feuerkugeln. Der Radiant liegt am linken Bildrand. Regulus ist so grade noch zu erkennen. Als Optik wurde ein 28mm Objektiv mit einem Fisheyevorsatz bei 1:4,5 verwendet. Die so erzielte Brennweite liegt bei etwa 13mm. Der Film war der E200(1000 ASA). Die Belichtungszeit der Einzelaufnahmen lag bei etwa 4 min. Die hellste Feuerkugel dieser digitalen Sammelaufnahme fiel um 1:58 Uhr China-Zeit. Sie wurde ebenfalls im ca. 65 km entfernten Taikang fotografiert

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Die beiden Aufnahmen oberen zeigen jeweils einen Ausschnitt aus den beiden Feuerkugelaufnahmen. Zur Orientierung sind die Kastensterne des großen Wagens mit Linien verbunden. Das Fisheye besitzt am Rand eine starke Verzeichnung. Das linke Teilbild entstand in Taikang mit einem 28 mm 1:1,8 Objektiv auf 1600 ASA Film ((c)J. Michelberger). Das rechte Teilbild entstand in Lindian mit einem 28 mm + Fisheyevorsatz bei Blende 1:4 auf 1000 ASA Film.
Das Fisheye besitzt eine starke Verzeichnung. Doch weil die Start- und Endpunkte sowie die Strichspurmitte an den unmittelbaren Umgebungssternen ausgemessen wurde, hatte dies auf die Messgenauigkeit keinen Einfluss.

Um Azimut und Höhe errechnen zu können wird die genaue Fallzeit benötigt, doch leider hatte niemand die Uhr geschaut. Auf einigen Fotos war zwar der Horizont sichtbar, dennoch konnte aus der Stellung der Sterne die Zeit nur auf +- 15 min eingegrenzt werden. Der genaue Zeitpunkt wurde schließlich über einen ungewöhnlichen Umweg ermittelt. Im Auftrag der 'International Meteor Organisation' war in Lindian eine Videokamera aufgestellt worden. Die beiden Feuerkugeln wurden zwar von der Kamera nicht direkt registriert, doch das Streulicht der Lichtblitze führte zu einer Aufhellung des Gesichtsfeldes! über die Laufzeit des Videotapes konnten die Fallzeiten auf 17:58 und 18:03 UT bestimmt werden. Das Ende der Strichspur ließ sich nun mit den Winkelfunktionen und dem Strahlensatz einigermaßen genau berechnen. Die einzige nennenswerte Fehlerquelle ist die unklare Lindian-Beobachtungsposition. Wenn man die Gesamtdistanz auf 67 km kalkuliert, so ist der Meteor in einer Höhe von 87,5 km verloschen, bei Gesamtdistanz von 64,5 km wären es nur 84,1 km gewesen. Sehr viel schwieriger ist die Berechnung des Beginns. Da bei den Aufnahmen unterschiedliche Oeffnungsverhältnisse und Filme zum Einsatz kamen, wurde die Feuerkugel in ihrer schwachen Anfangsphase unterschiedlich abgebildet. Am Ende wurde eine Starthöhe von ca. 120 km ermittelt. Der Fehlerbalken sollte jedoch mit mindestens +-5 km veranschlagt werden.

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In diesem Screenshot einer Planetariumssoftware wurden maßstabsgerecht und winkelgetreu die in Lindian und Taikang entstandenen Meteorfotos hineinkopiert.


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Rechenbeispiele für die Höhenermittlung
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Der Leonidensturm 1999
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